Der Jazzmusiker Martin Dahanukar spielt am Sonnabend mit seinem Quartett im Birdland in Hamburg. Album erschien bei Hamburger Label.

Birdland. Im großen Meer der Stimmen eine Stimme sein, aber doch klar heraushörbar: Das ist ein bescheidener Wunsch. Er ist auch maßlos, weil ihn wohl (nicht nur) jeder schöpferische Mensch sein Leben lang vor Augen hat. Warum sollten wir unter all den Trompetenstimmen im Meer des zeitgenössischen Jazz ausgerechnet diejenige Martin Dahanukars heraushören, der besagten Wunsch in einem Fernsehinterview geäußert hat? Weil es ungemein guttut, Musik von jemandem zu hören, der seine Seele so lange in die Blue Notes von Miles Davis getaucht hat, bis diese inwendig indigofarben wurde. Und weil man dabei keinen Takt lang denkt: Blöder Epigone, lass doch den Miles in Frieden ruhen!

Nein, Martin Dahanukar, 1972 als Sohn einer Inderin und eines Deutschen in München geboren und dort, im damaligen Bombay und in der Schweiz aufgewachsen, klingt bei aller atmosphärischen und konzeptionellen Nähe zu Davis und einigen anderen interessanten Trompetern nur nach sich selbst. Sein Spiel sucht oft Wege nach innen, zeigt sich aber jederzeit bereit zum Abenteuer, zum Wagnis, zum Ausbruch. Wer seinen verschlungenen Melodien folgt, begegnet einem poetischen Erzähler. Der indische Nachname und die erst im jungen Mannesalter entdeckte Affinität zu Bombay sollten indes nicht dazu verleiten, Dahanukar fröne einer Spielart des Ethno-Jazz. Nix mit hypnotischer Tabla, keine endlos sirrenden Sitar-Sounds, keine zusammengesetzten Tala-Rhythmen. Dahanukar ist ein Jazzmusiker westlicher Prägung. Bombay scheine allenfalls durch das verwirrend und begeisternd Kosmopolitische in seine Kompositionen hinein, sagt er. Was ihn nicht daran hindert, bei anderer Gelegenheit auch klassische indische Musik zu spielen.

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Das Quartett, das Dahanukar an diesem Sonnabend ins Birdland mitbringt, hebt seine Kompositionen noch mal in eine völlig eigene Sphäre. Die Band spielt seit 2004 zusammen, nicht routiniert, sondern im Vertrauen darauf, stets woandershin abzuheben. Vinz Vonlanthen (Gitarre) und Sam Joss (Bass) haben gemeinsam die Grundschulbank gedrückt. "Beide sind kleine Legenden in der Schweiz", sagt Dahanukar. Vonlanthen, der sonst zu Noise- und Free-Jazz-Attacken neigt, hat im Quartett den Melodiker in sich entdeckt. Dass er doch immer wieder den Rand der Klippe sucht, den Splitterklang, lädt sein Spiel mit einer Gefährlichkeit auf, die das Zuhören zum Erlebnis macht. Und Joss, ebenfalls ein melodischer Spieler, liefert mit Schlagzeuger Peter Horisberger weit mehr als nur das Fundament für großartige Improvisatoren an Trompete und Gitarre.

Warum die Band, viel zu selten für eine Schweizer Jazz-Formation, den Auftritt in Hamburg wagt? Ihr außergewöhnlich gutes, drittes Album "Scent of Jungle" ist dieser Tage beim Hamburger Label Skip Records erschienen.

Martin Dahanukar Sa 10.3., 20.30, Birdland (Bus 20, 25), Gärtnerstr. 122, Eintritt 15,-/erm. 12,-