Ole Könnecke ist einer der erfolgreichsten Kinderbuch-Illustratoren Deutschlands. Wir haben ihn in seinem Atelier in Langenhorn besucht.

Hamburg. Ole Könnecke ist wohl das, was man gemeinhin als unprätentiös bezeichnet, unaufgeregt, uneitel, gelassen. Alles in seinem Leben scheint eher zufällig und doch irgendwie logisch. Ole Könnecke ist einer der erfolgreichsten Illustratoren und Kinderbuchautoren der Republik und darüber hinaus: Seine Bücher wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt. Neben Auszeichnungen in Deutschland wurde sein "Anton kann zaubern" unter anderem in den Niederlanden zum Bilderbuch des Jahres gekürt. Gerade ist ein neuer Band aus der Reihe erschienen: "Anton und der große Streit".

In seinem von der Wintersonne durchfluteten Atelier auf dem ehemaligen Valvo-Gelände in Langenhorn empfängt Könnecke seine Gäste mit Filterkaffee aus der Thermoskanne. Er selbst trägt einen dicken, an den Ärmeln schon etwas abgeschabten Wollpulli, freundlich und offen blickt er durch seine silbern umrahmte Brille. "Ja, ein Loft in Altona wäre schon schick, aber dann könnte ich nicht mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren und schon gar nicht in der Mittagspause nach Hause", sagt Könnecke.

In Langenhorn lebte er schon mit seinen Eltern und jetzt eben wieder mit seiner Familie, seine Söhne sind 15 und 19. Geboren wurde Könnecke 1961 in Göttingen; er wuchs bis zu seinem sechsten Lebensjahr in Schweden auf. Eine Kindheit, die ihn geprägt hat. "Ich habe die Stimme von Astrid Lindgren bei Lesungen noch im Ohr", erzählt er. Dennoch sind nicht nur Pippi und Karlsson vom Dach die Helden seiner Kindheit, Könnecke wuchs mit Micky Maus auf, mit Donald Duck lernte er lesen, seine Liebe zum Comic stammt aus dieser Zeit. "Klar hätte ich auch gerne Comics gemacht, das machen schließlich harte Burschen." Es kam aber anders, und das auch eher zufällig.

Könnecke studierte nicht Kunst, sondern Germanistik. Heute, sagt er lapidar, helfe ihm das beim Geschichtenschreiben. Das Zeichnen brachte er sich nebenher selbst bei. Einmal schickte er eine Mappe an die Hochschule für Angewandte Wissenschaften an der Armgartstraße - ohne Erfolg. Was ja eine klassische Geschichte ist: Gerade die Erfolgreichen blicken oft auf frustrierende Anfänge zurück. Entmutigen ließ sich Könnecke davon natürlich nicht. 1989 nahm er mit "Lola und die Piraten" an einem Bilderbuchwettbewerb des Oetinger-Verlags teil - und gewann.

Seitdem lebt und arbeitet Könnecke als freier Illustrator in Hamburg. Neben Lola hat er auch männliche Helden geschaffen: zum Beispiel Anton. Der hat stets mit den alltäglichen Problemen eines Kindes zu kämpfen, aktuell mit seinem Freund Lukas, der mindestens genauso stark, laut und mutig wie Anton ist oder wenigstens sein will.

Könneckes Stil ist klar, minimalistisch. Eine hochgezogene Augenbraue reicht, um die Wut Antons zu erkennen, fünf riesige Noten, um die Lautstärke der Klaviertöne zu symbolisieren. In seinem neuesten Buch trägt Anton einen Musketierhut, sein Freund und Rivale Lukas einen Wikingerhelm, klare Statussymbole. "Ich habe erst an Cowboyhüte gedacht, dann aber festgestellt, dass Jungens die gar nicht mehr tragen", erzählt er.

Überhaupt geht Könnecke "lange mit diesen Büchern im Kopf spazieren", wie er sagt: ein Flaneur in der Welt der Buntstifte und Pinselstriche. Erst zeichnet er mit Bleistift, am liebsten aber mit Füller. Davon liegen in seinem Atelier eine Menge herum, neben Buntstiften, Pinseln, Farbtuben, Untertassen mit Farbresten. Ein bisschen künstlerisches Chaos. An der einen Wand hängen Lola-Skizzen, an der anderen stehen Fotobücher und Kunstbände auf dem Boden, daneben Sammelboxen von den Beatles, Glenn Gould und Elvis, und irgendwo gibt es auch ein schmales Bücherregal mit Kinderbüchern.

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"Man muss auch ein bisschen aufpassen, dass das Atelier nicht zum Wohnzimmer wird", sagt er. Und in Hamburg muss man aufpassen, dass man niemanden vergisst, wenn man über das Genre "Kinderbuch" spricht. Denn hier, an Elbe und Alster, befindet sich das verlegerische Zentrum für Kinder- und Jugendliteratur. Etliche Verlage wie Carlsen, Oetinger und Jumbo bringen ihre Titel von Hamburg aus unters Volk. Und in Altona steht das Kinderbuchhaus. Dort werden die Jüngsten ans Lesen herangeführt. Außerdem gibt es dort regelmäßig Ausstellungen, im vergangenen Jahr waren in der Schau "Junge, Junge" auch Könneckes Arbeiten zu sehen. Hamburg ist also nicht der schlechteste Ort für einen, der Kinderbücher macht. Und sein Handwerk hat durchaus einen soliden Boden: 15 Prozent des Umsatzes bei Büchern wird mit Kinder- und Jugendliteratur gemacht.

Mit 25 Titeln, die er alleine geschaffen oder an denen er mitgearbeitet hat, ist Könnecke bislang an diesem Umsatz beteiligt. Man muss sich die Arbeit des Kreativen zumindest an einer Stelle als strukturiert vorstellen: Nach der Vorzeichnung kommt immer die Reinzeichnung. "Aber da ist dieser Fluch der Skizzen, die so eine Leichtigkeit haben, und dann macht man plötzlich einen Fehler", sagt Könnecke. Die kann er dann später bei der Bearbeitung am Computer wieder beheben; schön, dass die Technik zur Stelle ist, wenn man sie braucht.

Einfache Symbole, klare Farben im Stile der Peanuts bestimmen Könneckes Illustrationen, ein naiver und klarer Erzählton seine Geschichten. Komik und Tragik liegen da ganz dicht beieinander, ohne dass Könnecke je den moralischen Zeigefinger hebt. Seine Bücher sind keine, die vor allem pädagogisch sein wollen.

Die Geschichten sind aber stets zwingend logisch und dabei urkomisch. Klar, dass Anton und Lukas auch nach dem größten Streit in der brenzligen Situation zusammenhalten. Und klar sieht sich Könnecke auch als Künstler. Für ihn ist das Zeichnen und Geschichtenerfinden außerdem aber ein ganz normaler Beruf, mit dem er Geld verdient. Da illustriert man auch schon mal Geschenkbücher, über die manch einer die Nase rümpft. "Zwischendurch macht das sogar auch mal Spaß", sagt Könnecke.

Ole Könnecke: "Anton und der große Streit" ab 3 J., Hanser Verlag. 32 S., 12,90