Ein Kommentar von Karolin Jacquemain

Anders als beim Fußball gibt es auf der Berlinale keine Verlierer. Die Entscheidung für "Cäsar muss sterben" der italienischen Regieveteranen Vittorio und Paolo Taviani als Gewinner des Goldenen Bären ist allemal eine Überraschung, weil eine konservative, wenig politische Wahl. Die Nicht-Sieger müssen sich deshalb nicht verstecken. Deren Favoriten wurden ohnehin prämiert: Christian Petzold für seine minimalistische DDR-Liebesgeschichte "Barbara", der ungarische Regisseur Bence Fliegauf für "Just The Wind". Der heimliche Kritikerliebling, das schweizerische Sozialdrama "L'enfant en haut", erhielt eine lobende Erwähnung der Jury.

Wichtiger als die Trophäen ist die Qualität der knapp 400 auf der Berlinale gezeigten Filme, vorrangig der Wettbewerbsbeiträge. Und hier hat Festivalchef Dieter Kosslick alles richtig gemacht. Abgesehen von zwei, drei Ausrutschern kamen Publikum und Kritiker in den Genuss individueller, oft unkonventioneller Werke, die eine ganz eigene Form für ihre Geschichte fanden. Kostümfilm, Kammerspiel, dokumentarisch anmutendes Politstück - hier wurde nicht nur die Bandbreite des Kinos demonstriert, sondern auch die beiden großen Versprechen eines Filmfestivals eingelöst: Filmgeschichte am Leben zu halten und Impulse für die Zukunft zu setzen. Das Ergebnis: mehr als 300 000 verkaufte Eintrittskarten. Der große Gewinner dieses Berlinale-Jahrgangs ist das Kino.