“Maman“, die Skulptur von Louise Bourgeois, wirbt seit Montag für eine Kunsthallen-Ausstellung. Sie stand auch schon in New York und Hongkong.

Hamburg. Grauer Himmel, Nieselregen und eine feuchte Kälte, die unerbittlich unter die Kleider kriecht. Ein knappes Dutzend Kunsthallenmitarbeiter und Journalisten beobachteten gestern Vormittag fröstelnd, wie Monteure merkwürdig geformte Stahlteile mit zwei Autokränen auf das Plateau zwischen dem Kunsthallen-Altbau und der Galerie der Gegenwart hievten und dort erst einmal ablegten. Schnelle Fortschritte stellen sich nicht ein, die Aktion, die aus den Autos und Bussen, die am Glockengießerwall vorbeibrausen, wohl zunächst als übliche Reparaturmaßnahme wahrgenommen wird, ist mühsam und dauert den ganzen Tag über an. Am Nachmittag gegen vier Uhr wird es für die Passanten langsam rätselhaft, denn jetzt beginnt sich zu zeigen, dass es hier nicht um eine aufwendige Rohrleitungsreparatur gehen kann. Sondern womöglich um Kunst, denn jetzt ragen die ersten beiden knapp neun Meter hohen Stahlbeine auf, von denen bisher nur Eingeweihte wussten, dass sie zu "Maman" gehören, der berühmten Spinnenskulptur der französisch-amerikanischen Künstlerin Louise Bourgeois.

Acht Beine, von denen jedes einzelne etwa 1,2 Tonnen wiegt, hat die kolossale Spinne, die in den nächsten Wochen im Hamburger Stadtbild als Appetizer für die Ausstellung "Louise Bourgeois. Passage dangereux" dienen wird, die die Kunsthalle am 10. Februar eröffnet. "Louise Bourgeois hat die Spinne, die unter anderem schon in New York, St. Petersburg und Hongkong zu sehen war, 'Maman' genannt, weil sie sie als Ode an ihre Mutter betrachtet", sagt Ausstellungskuratorin Brigitte Kölle. Die Mutter der Künstlerin hat kostbare Teppiche restauriert und dabei mit Fleiß und Ausdauer Gewebe wiederhergestellt, wie Spinnen es tun. "Für mich hat 'Maman' nichts Furchterregendes, im Gegenteil: Wenn man direkt unter dieser beeindruckenden Skulptur steht, kann man sogar Geborgenheit empfinden", meint die Kuratorin.

Riesenspinne "Maman" vor der Kunsthalle aufgebaut

Inzwischen haben die Monteure, von denen zwei eigens aus New York eingeflogen wurden, ein weiteres Spinnenbein zusammengeschraubt, das nun bereitliegt, um im Licht starker Scheinwerfer per Kran nach oben gezogen und am Rumpf angebracht zu werden. Vollendet ist ihr Werk, das vor drei Tagen in Einzelteilen in einem 40-Fuß-Container angeliefert wurde, erst am späten Abend.

Erstmals taucht das Spinnenmotiv bei Louise Bourgeois 1947 in einer Zeichnung auf. Die Französin, die später in den USA lebte, hat ihre Werke meistens in Beziehung zum Raum geschaffen. In der Ausstellung werden neben Skulpturen und Installationen auch Radierungen und Arbeiten aus textilem Material zu sehen sein. Sie stammen aus den letzten 15 Lebensjahren der weltberühmten Künstlerin, die im Mai 2010 im Alter von 98 Jahren gestorben ist. Von heute an wird ihre "Maman" bis Mitte Juni die Blicke vieler Passanten auf sich ziehen und Interesse wecken an einer der außergewöhnlichsten Künstlerinnen des 20. Jahrhunderts - hoffentlich bald ohne Nieselregen.