Lübeck feiert den schwedischen Impressionisten Anders Zorn mit einer großen Retrospektive – und seinen Hafenmotiven aus Hamburg.

Lübeck. "Es war nasskalt und eisig da draußen auf dem Kaiserhöft, aber interessant, diese schlammige Brühe des Wassers zu malen, große und kleine Dampfer, Rauch, Ruß und Nebel", notierte der schwedische Maler Anders Zorn 1891 bei einem Hamburg-Besuch. Auf Vermittlung von Max Liebermann hatte Kunsthallendirektor Alfred Lichtwark den Schweden, der damals international groß im Kommen war, dazu eingeladen, Hafenmotive für seine "Sammlung von Bildern aus Hamburg" zu malen. Zorn fühlte sich zwar schlecht behandelt und war leicht verärgert, weil er auf das "kleine Honorar" allzu lange warten musste, aber er lieferte eine großartige Hafenansicht.

Das Aquarell, das Hamburg in den 1920er-Jahren wieder verließ und sich heute im Besitz des Stockholmer Nationalmuseums befindet, ist eines der Glanzstücke der Anders-Zorn-Retrospektive, die das Lübecker Behnhaus Drägerhaus jetzt zeigt. Mit 100 Arbeiten aus allen Schaffensphasen erinnert das Lübecker Museum an einen außergewöhnlichen Maler, dem im frühen 20. Jahrhundert eine Weltkarriere gelang, der aber in Deutschland später gründlich in Vergessenheit geriet. Anders Zorn (1860-1920) war ein Naturtalent. Sein Kunststudium in Stockholm brach er ab, machte sich aber schnell als virtuoser Aquarellist einen Namen. Zorn lebte mehrere Jahre in Paris, der damaligen Welthauptstadt der Kunst, bereiste Europa, den Orient und die USA und wurde bald von Kritikern und Sammlern als "Jahrhundertgenie" gefeiert.

Kommentar: Nichts zu verkaufen!

In der Lübecker Ausstellung hängen zahlreiche virtuos ausgeführte Porträts, für die Zorn international enorm geschätzt wurde. "Mag sein, dass er mitunter vor allem seine weiblichen Modelle ein wenig schöner gemalt hat, als sie in Wirklichkeit gewesen sind, dennoch bleibt es furiose Malerei", meint Ausstellungskuratorin Anna-Carola Krausse. Und das betrifft nicht nur die Porträts, sondern auch seine gänzlich unprätentiösen Akte oder schwedischen Sommerlandschaften und besonders die scheinbar schnell hingeworfenen, in Wahrheit jedoch kunstvoll komponierten Reisebilder.

Zorn war vom französischen Impressionismus beeinflusst, fand aber eine eigene Form, seine Eindrücke bildlich zu formulieren. Mit den Zeitströmungen hat er wenig zu tun, dem Aufbruch der Avantgarde konnte er nichts abgewinnen. So wurde er mit dem Siegeszug der Expressionisten als unzeitgemäß empfunden und in Deutschland vergessen. Völlig zu Unrecht, wie die Retrospektive dieses Künstlers zeigt, der in Skandinavien nach wie vor zu den ganz Großen gezählt wird.

"Der schwedische Impressionist Anders Zorn", Behnhaus Drägerhaus, Königstraße 9-11, Lübeck, bis 15.4., Di-So 10.00-18.00