Ein Kommentar von Matthias Gretzschel

Zu den Ideen, die in schöner Regelmäßigkeit für Aufregung sorgen, gehört der Vorschlag, klamme Museen könnten durch den Verkauf "überflüssiger" Kunstwerke ihre wirtschaftliche Lage verbessern. Zuletzt sah sich Kunsthallen-Direktor Hubertus Gaßner 2009 mit solchen Ratschlägen konfrontiert, die er prompt als Zumutung zurückwies. Kunstwerke verkaufen, um Haushaltsdefizite zu stopfen? Nur über meine Leiche. Viele Kollegen gaben Gaßner damals recht, nur wenige Museumsleute plädieren grundsätzlich dafür, verzichtbare Objekte zu veräußern, um andere, vermeintlich besser zur Sammlung passende zu erwerben.

Dieser Meinung war zum Beispiel der Hamburger Kunsthallendirektor Gustav Pauli, der in den 1920er-Jahren die von seinem Vorgänger Alfred Lichtwark erworbene Hafenansicht von Anders Zorn verkaufte. Der schwedische Maler war damals gerade außer Mode. Heute wird er als einer der großen Künstler des frühen 20. Jahrhunderts geschätzt. Gerade deshalb macht der Ehrenkodex der Museen eben Sinn, grundsätzlich nichts aus der Sammlung zu verkaufen. Denn was ein heutiger Direktor für verzichtbar hält und verkauft, hält sein Nachfolger 50 Jahre später vielleicht für einen unschätzbaren Verlust. Schade, dass Anders Zorns Hafenbild, das zurzeit in Lübeck zu sehen ist, heute nicht mehr Hamburg, sondern Stockholm gehört.