Das Völkerkundemuseum sowie das Museum für Kunst und Gewerbe eröffnen in diesem Jahr unerwartete Einblicke in ihre eigenen Bestände.

Hamburg. Die früher so selbstverständliche Unterscheidung von Dauer- und Sonderausstellung wird im Museumsalltag immer häufiger durchbrochen. Einerseits brauchen die Häuser temporäre Ereignisse, um Publikum anzulocken, andererseits bemühen sie sich immer häufiger darum, die oft viel zu wenig beachteten eigenen Bestände so zu präsentieren, wie das Publikum es bei Sonderausstellungen gewohnt ist. Nicht nur aus der Not heraus, sondern auch im Bewusstsein des "inneren Reichtums", wie das Credo des Museums für Völkerkunde lautet, werden dann Sonderausstellungen nicht mehr mit teueren Leihgaben, sondern mit Werken aus dem eigenen Bestand bestückt, die für das Publikum oft echte Entdeckungen sind.

So geschah das zum Beispiel mit der 2010 eröffneten Schau "Das Herz der Maya", die noch bis Dezember gezeigt wird. Zu den Höhepunkten dieses Jahres wird ebenfalls die Neupräsentation eines Objektes gehören, das sich schon mehr als 100 Jahre im Völkerkundemuseum befindet: Am 7. Oktober soll das von Maori-Künstlern geschaffene Ahnenhaus, eines der weltweit bedeutendsten Werke dieser Art, im Beisein von Nachkommen glanzvoll präsentiert und feierlich geweiht werden.

Museum für Kunst und Gewerbe zeigt Kantine und Picasso

Denkmalgeschützte Spiegel-Kantine zieht ins Museum

Während das Völkerkundemuseum nach achtjähriger Sanierung jetzt wieder voll bespielt werden kann, wird die Rekonstruktion des Museums für Kunst und Gewerbe erst zur Jahresmitte abgeschlossen sein. Das bietet dem Haus am Steintorplatz die Chance, seine Sammlungen völlig neu - und in durchaus unerwarteter Weise - zu ordnen und in einem Design zu präsentieren, das an Sonderausstellungen erinnert. In vier Schritten wird das Museum wichtige Bereiche seiner Sammlungen in diesem Jahr neu eröffnen: Den Auftakt bildet die Moderne am 18. Februar, wobei der Bogen von der Gründung des Hauses zur Zeit der Weltausstellungen über Art Deco und Neues Wohnen bis zum Expressionismus gezogen wird. Glanzvolle Exponate sind unter anderen die berühmten Tanzfigurinen des Künstlerpaars Lavinia Schulz und Walter Holdt Am 31. Oktober folgt dann die Neupräsentation der Antike, die - ebenso originell wie sinnvoll - gemeinsam mit der Renaissance präsentiert werden soll. Und zwar im Erdgeschoss, der jetzige Antikenraum im ersten Stockwerk wird dem bisherigen Sonderausstellungsbereich zugeschlagen, was auch in diesem Bereich künftig neue Möglichkeiten eröffnet. Am 19. Oktober folgt die dritte Neueröffnung mit der Design-Abteilung, deren Höhepunkt die ortsversetzte "Spiegel"-Kantine von Verner Panton sein wird. Zum Jahresabschluss wird dann das Museum für Kunst und Gewerbe komplett sein mit der völlig neu konzipierten Abteilung "Die drei Weltreligionen". Hier werden die Sammlungen zum Buddhismus, zur christlich-mittelalterlichen Kunst und zum Islam unter gemeinsamen Fragestellungen zu erleben sein.

Insgesamt hat die Sanierung 16 Millionen Euro gekostet, Geld, das die Stadt bezahlt. Das Museum erhielt sanierte, aber leere Räume. Für die "Software", die attraktive Neupräsentation, gab es nur einen Sockelbetrag aus dem eigentlich für Sonderausstellungen gedachten Fonds. Um die gefährlich klaffende Lücke dennoch zu füllen, erfand Direktorin Sabine Schulze das Modell von "Saalpatenschaften", für das sich Stiftungen und Einzelpersonen gewinnen ließen. Allein auf diese Weise kamen etwa zwei Millionen Euro zusammen, "überwiegend in kleinen Scheinen", wie Sabine Schulze anmerkte.