Hamburg. Im Hause dtv steht möglicherweise ein wegweisender Umbruch an: Er betrifft das äußere Erscheinungsbild der Titel, die in dem Münchner Verlag erscheinen. Diese würden als Taschenbuch (Paperback) ab dem Sommer nicht mehr auf der "Spiegel"-Bestsellerliste stehen. Dann nämlich finden, so steht es im aktuellen "Buchreport", dem offiziellen Mitteilungsorgan der Branche, nur noch gebundene Bücher den Weg auf die Liste. Autoren wie Jussi Adler-Olsen und Dora Heldt, die stets in der Spitzengruppe der Literatur-Charts zu finden sind, hätten dann keine Chance mehr auf einen Platz auf dieser Liste. Weshalb der Deutsche Taschenbuchverlag nun darüber nachdenkt, einzelne, verkaufsträchtige Titel mit festem Einband (Hardcover) zu veröffentlichen.

Die "Spiegel"-Bestsellerliste ist ein wichtiges Verkaufsinstrument. Sie wird in vielen Buchhandlungen durch entsprechende Sortierung getreulich abgebildet und meist im vorderen Bereich der Geschäfte platziert. Die Prominenz hat einen potenzierenden Effekt: wie das bei Hitparaden eben so ist. Oft werden die im "Spiegel" notierten Titel auch mit einem dem entsprechenden Sticker versehen. Die "Spiegel"-Bestsellerliste ist Autorität und Kauf-Anregung zugleich. Kein Wunder, dass die Neuerung von den Verlagen ernst genommen wird.

Bislang wurde bei nicht eindeutig ausgewiesenen Titeln von Fall zu Fall entschieden, weshalb Novitäten, die als Broschur (mit "weichem" Einband) oder als Taschenbuch erschienen, durchaus Eingang auf die Liste fanden - Charlotte Roches "Schoßgebete" etwa. So unterscheiden sich die Preise für die gut verkauften Bücher bislang teilweise beträchtlich. Ein Taschenbuch kostet manchmal nur um die zehn Euro, ein gebundenes Buch auch mal 25 Euro. Neue Titel, die als Paperback erscheinen, befinden sich künftig im Wettbewerb mit den Taschenbuch-Ausgaben älterer Titel, die in der Regel zwei Jahre nach der Hardcover-Premiere auf den Markt gebracht werden und in der "Spiegel"-Taschenbuch-Bestsellerliste notiert sind.

Die nun beschlossene Änderung folgt vor allem den Wünschen der Buchhändler. Diese wollen die Sortierung ihres Sortiments künftig vereinheitlichen. Ihr Bestreben fällt in eine Zeit, in der sich der Markt für Bücher weiter auffächert.

Den jüngsten Absatzzahlen von digitalen Lesegeräten zufolge steht die Kindle- und iPad-Epoche nun auch hierzulande bevor. E-Books werden bisher noch nirgendwo gelistet. Dabei stellen sie eine Größe dar, an der schon bald niemand mehr vorbeikommt. Insofern bildet ein vereinheitlichtes Listenwesen ohne E-Books die Verteilung der verkauften Bücher entweder gar nicht oder nur unzureichend ab. Oder es symbolisiert puristisch die Trutzburg des "Premierenpublikums", das gerne zum gebundenen Buch greift - und dafür auch in Kauf nimmt, dass einzelne Titel zum Beispiel von dtv künftig teurer werden.