Beim zweiten Anlauf im Februar will die weltweit erste Online-Kunstmesse VIP Art Fair alles richtig machen. Anfangs waren die Server überlastet.

Berlin/Hamburg. Die erstaunlichste Nachricht ist, dass es die VIP Art Fair überhaupt noch gibt. Als im Januar 2011 die erste Online-Kunstmesse ihre Homepage freischaltete, waren die Hoffnungen groß. Einige der wichtigsten zeitgenössischen Galerien der Welt hatten Digitalbilder von Kunstwerken in ihre virtuellen Messekojen hochgeladen. Nun warteten sie im Chat auf Kaufinteressenten. Die kamen in nicht unbeträchtlicher Zahl - doch ausgerechnet das sorgte für erhebliche Probleme und verdarb vielen Kunstfreunden die Laune. Die Masse an Zugriffen überlastete nämlich die Server.

Die Navigation der Seite verlangsamte sich ins Unerträgliche, oder die Messekojen bauten sich erst gar nicht auf dem Computerbildschirm auf. Die geschäftsnotwendige Chat-Funktion brach gar komplett zusammen. Zahlreiche Galeristen reagierten frustriert.

Einige forderten die Rückzahlung ihrer Teilnahmegebühren von bis zu 20.000 Dollar. Die Kunstmesse im Internet schien mit ihrer Premiere schon wieder am Ende zu sein. Offenbar brauchten die großen konventionellen Kunstmessen wie die Art Basel oder die erst vor zehn Jahren begründete und gewaltig boomende Frieze Art Fair in New York keine ernsthafte Konkurrenz aus dem Netz zu befürchten. Es funktioniert einfach nicht, war der Eindruck, der sich bei vielen Sammlern und Händlern nach der enttäuschenden Erfahrung von Anfang vergangenen Jahres verfestigt hatte.

Doch das könnte sich als Irrtum erweisen, denn so schnell wollen die Macher der VIP Art Fair nicht aufgeben. Das zeigen die Ankündigungen der vergangenen Tage: Nicht nur wird vom 2. bis zum 8. Februar die VIP Art Fair ein zweites Mal stattfinden. Die Organisatoren wollen die Kinderkrankheiten überwinden und darüber hinaus den Kunsthandel im Internet sogar deutlich ausweiten. 2012 sollen neben der VIP Art Fair drei zusätzliche Messen stattfinden: im April die VIP Paper für Arbeiten auf Papier, im Juli die VIP Photo für Fotografien und im September die VIP Vernissage. "Wie werden die Marke in diesem Jahr offensiv ausbauen", kündigt Lisa Kennedy, neue Geschäftsführerin der Messe, an: "Es sind noch mehr Veranstaltungen in Planung."

Gesponsert werden die Ambitionen seit Kurzem von zwei Kunstsammlern: Philip Keir aus Australien und Selmo Nissenbaum aus Brasilien haben eine Million Dollar in die Expansion der VIP Art Fair investiert. Die Netzartisten des Kunsthandels geben sich optimistisch.

Bloß: Geld allein wird die Skeptiker noch nicht überzeugen. Zwar hat sich die VIP Art Fair in diesem Jahr ein selbstbewusstes "2.0" angeheftet, als Signal, dass man manches anders und alles besser machen will. Doch ob das Versprechen eingelöst wird, muss man erst sehen. "Im letzten Jahr wurde die Messeplattform von einem außenstehenden Provider zur Verfügung gestellt. Das machte es schwierig, auf die Probleme schnell und flexibel zu reagieren", erklärt Kennedy.

Für die diesjährige Ausgabe habe man nun ein eigenes Technikerteam aufgebaut, das die Seite betreut. "Die Architektur der Plattform wurde völlig neu aufgebaut. Im Grunde haben wir fast jedes Fitzelchen Code neu geschrieben", so Kennedy. Auch bei der Chat-Funktion - bei der Premiere das größte Problemkind - hat man aus Fehlern gelernt. So integriert die Messe nun eine frei verfügbare Chat-Plattform namens "Openfire" in ihr Konzept, die mit einer ähnlichen Technik wie Google Talk funktionieren soll.

Dass die VIP Art Fair in eine zweite Runde gehen kann, liegt aber vor allem an Vertrauen der Galeristen. Zwar hat die Messe mehrere renommierte Galerien wie Michael Werner (New York/Berlin) oder Sprüth/Magers (Berlin/London) verloren, doch dafür sind andere wie Eigen Art und Thomas Schulte aus Berlin, Van de Weghe Fine Art aus New York oder Gmurzynska aus Zürich erstmals dabei. Zudem haben sich, dem globalen Geist des Internets entsprechend, Galerien aus Argentinien, Dubai oder Indien neu angemeldet.

Es hilft vermutlich die allgemeine Stimmung aufzuhellen, dass Powerseller wie Larry Gagosian, Iwan Wirth, David Zwirner oder Jay Jopling von White Cube zu den Gründungsgaleristen der Messe gehören. Die werden das Projekt schon deshalb nicht gleich platzen lassen, um ihren eigenen Ruf zu schützen. Und sie werden auf die entsprechend qualitative Umsetzung der Messe mit der Adresse vipartfair.com drängen.

Es hat den Anschein, als ob die meisten Galeristen mittlerweile von den Vorzügen des Internethandels hinreichend überzeugt sind, um das Experiment ein zweites Mal einzugehen: Die Kosten der VIP Art Fair sind im Vergleich zu anderen Messen gering, der Ertrag - wenn auch nicht berauschend - zumindest vorhanden. "Im vergangenen Jahr wurden Kunstwerke im Wert von mehreren Millionen Dollar auf der Messe verkauft", berichtet Lisa Kennedy. Das Interesse war nicht gering, etwa 40 000 Besucher aus 196 Ländern sahen sich 7,65 Millionen Mal Kunstwerke an. Dieser Besucheransturm hatte dann allerdings zum Zusammenbruch der Seite geführt. Das wird in diesem Jahr nicht noch einmal passieren, ist die Messe-Geschäftsführerin sicher - obwohl sie diesmal mit einem noch viel größeren Interesse rechnet, nämlich mit etwa 100 000 Besuchern.

Von deren Erfahrungen wird es abhängen, ob die Rechnung der Messemacher tatsächlich aufgeht.