Ein Kommentar von Tom R. Schulz

Wenn nicht mal die Eltern, Omas und Tanten, Ballettstundenfreundinnen und Fußballvereinskumpel von 300 begeisterten Instrumentalisten aus fünf Hamburger Jugendorchestern vollzählig zum großen Auftritt ihrer Liebsten in die Laeiszhalle strömen - wer dann? Erschreckend gering war der Publikumszuspruch beim mit Pomp und Circumstance angekündigten Eröffnungskonzert zum "Tag der Musik" in der Laeiszhalle. Gewiss, der Sommerabend war unwiderstehlich, Grillen und Chillen lagen näher als Chillen und Phillen. Doch sollten die Veranstalter darüber nachdenken, was sie in Zukunft anders machen müssen, wenn sich die Masse nicht (mehr) durch Masse zwingen lässt.

Das heiße Bemüh'n der jungen Musiker war erfreulich zu sehen, die Moderatoren lieferten manchen Grund, sich ins Grüne zu wünschen. Landesmusikratschef Wolfhagen Sobirey betätigte sich als Applausmelkmaschine und gab den mutigen Kämpfer gegen das drohende Verschwinden der Laienmusik. Gleichzeitig fand er an dem Abend abwechselnd alles toll, wunderbar oder ganz toll. Höhepunkt auf der nach obenoffenen Fremdschäm-Skala: die Frage Tobias Wollermanns, Geschäftsführer der "Young ClassX"-Initiative des Otto-Versands, an Manfred Richter, seit 1991 Chefdirigent des Albert Schweitzer Jugendorchesters: "Ach, Sie sind nicht Herr Lindemann? Wer sind Sie denn dann?"