Nun will der Ex-“Spiegel“-Chef sein Magazinprojekt “Woche“ wieder beleben. Zunächst steht dem Sender aber ein schmerzhafter Sparkurs bevor

Hamburg. Er ist wieder oben auf. Und zwar ziemlich genau seit Dienstagabend: Da leistete der ehemalige "Spiegel"-Chefredakteur Stefan Aust in den Räumen von N24 am Potsdamer Platz in Berlin die Unterschrift, die ihn zu einem der Eigentümer des Nachrichtensenders machte. Thomas Ebeling, Vorstandsvorsitzender der ProSiebenSat1 Media AG, der bisher der TV-Kanal gehört, unterschrieb gestern den Vertrag. Damit war der Verkauf rechtskräftig.

Aust hält künftig, ebenso wie der bisherige N24-Geschäftsführer Torsten Rossmann, 26 Prozent der Senderanteile. Die übrigen 48 Prozent entfallen auf drei weitere N24-Manager sowie auf Austs Mitstreiter Thorsten Pollfuß, mit dem er schon bei Spiegel TV zusammenarbeitete.

Damit hat der Journalist keine zwei Monate nach dem Scheitern seines Entwicklungsprojekts "Woche", dessen potenzielle Gesellschafter Anfang Mai absprangen, einen echten Coup gelandet. Und plötzlich ist auch das geplante Wochenmagazin wieder ein Thema. Er werde das Projekt bei N24 einbringen, verkündete Aust. Schließlich sei die "Woche" von Anfang an multimedial angelegt gewesen. Wird es den Titel aber auch als Zeitschrift geben? "Davon gehe ich aus", sagte Aust dem Abendblatt.

Konkret ist freilich noch nichts. Einstweilen haben Aust und seine Mitstreiter ganz andere Probleme. Sie müssen N24 auf eine neue Basis stellen. Bisher beliefert der Sender die TV-Kanäle von ProSiebenSat.1 mit Nachrichten. Das wird er auch weiterhin tun, allerdings für wesentlich weniger Geld. Bislang bekam N24 für seine Zulieferungen 60 Millionen Euro im Jahr. Künftig wird es nur noch die Hälfte sein.

Die Folge: 72 Mitarbeiter, fast ein Drittel der Belegschaft, müssen gehen. Der N24-Betriebsrat sagt, er sei "schockiert". Die Landesmedienanstalten sorgen sich um die Qualität des Programms. Bis Ende 2011 wollen die neuen Eigentümer bundesweit ein Netz von 13 Videojournalisten aufbauen, was befürchten lässt, N24 werde künftig auf die klassischen dreiköpfigen Kamerateams mit Redakteur, Kamera- und Tonmann verzichten. Die wichtige Nachrichtenschiene von 7 bis 13 Uhr soll bleiben, die politische Berichterstattung sogar intensiviert werden. Unklar ist allerdings, ob in dieser Zeit weiterhin durchgehend live gesendet wird. Es hätte alles aber auch viel schlimmer kommen können. ProSiebenSat.1, das durch den Deal seine jährlichen Verluste im Nachrichtengeschäft von bisher 50 Millionen auf 25 Millionen Euro senkt, wollte sich ursprünglich nur drei Jahre weiter von N24 beliefern lassen. Nun gibt es eine Liefergarantie bis Ende 2016. Anfangs sollten an N24 auch fünf Millionen Euro weniger gezahlt werden, als nun vereinbart wurde.

Ein für die Sendergruppe finanziell attraktiveres Angebot des russischen TV-Unternehmers Dmitri Lesnewski kam ebenso wenig zum Tragen wie eine Offerte der Nachrichtenagentur ddp. Beide Bieter galten der Senderfamilie wohl als nicht seriös genug. Ein Angebot des Filmkaufmanns Jan Mojto hätte dazu geführt, dass die Nachrichten von N24 von dessen Partner Spiegel TV gekommen wären. Dann hätte die gesamte Belegschaft des Senders gehen müssen. Doch da der Betriebsrat mit Briefen an alle Bundestagsabgeordneten Druck machte und Medienpolitiker öffentlich über einen höheren Nachrichtenanteil bei Privatsendern nachdachten, hat es eine gewisse Logik, dass sich die Senderfamilie für das nachhaltigste Angebot entschied. Und das kam von der Gruppe um Aust.

Allein mit Sparen dürfte es aber schwer werden, N24 wieder auf Kurs zu bringen. Deshalb will Aust sich "ab sofort um zusätzliche Aufträge für neue Reportagen und Dokumentationen" kümmern. Bei den guten Kontakten, die er hat, könnte das gelingen.