Axel Schneider inszenierte seine Bühnenfassung von Tolstois “Anna Karenina“ in unterkühltem Konversationston.

Hamburg. Zähe Ehe-Szenen aus Russland: Axel Schneider konzentrierte sich in seiner Bühnenfassung von Tolstois "Anna Karenina" auf die drei zentralen Paare. Zwar hält er sich an den Originaltext, inszenierte jedoch am Altonaer Theater die Beziehungsprosa als Erzähltheater in unterkühltem Konversationston - mit schlechter Mikroport-Aussteuerung.

Leise rieselt der Schnee. Winter der Gefühle. Anna Karenina fröstelt behaglich im goldenen Ehekäfig. Ihr Bruder Stiwa (überzeugend als Genussmensch: Franz Joseph-Dieken) betrügt seine Frau Dolly (Maria Scholz). Moralist Lewin (Jacques Ullrich) blitzt bei Kitty (Elena Meissner) ab, weil sie Wronski liebt. Der Lebemann hat sich aber in Anna verknallt.

So charmant, frei und emanzipiert gibt Anne Schieber die Karenina, dass deren sich knapp drei Stunden hinziehende Konflikte um "Fehltritt" und Scheidung wenig glaubwürdig sind. Diese selbstbewusste Frau wäre mit Sohn und Lover Wronski (Georg Münzel) einfach durchgebrannt.

Ständig wechseln die Spieler zwischen Beschreibung und Ausspielen einer Situation, treten zu Monologen oder Kommentaren an die Rampe. Michael Thalheimers Regiestil lässt grüßen. Doch im Gegensatz zu ihm hält Schneider Affekte auf Halbflamme. Leise rieseln die Liebeslügen.

Warum nicht gleich Yasmina Reza? An den verkorksten Beziehungskisten hätten alle mehr Spaß gehabt.

Anna Karenina bis 15.5., Altonaer Theater, Karten unter T. 399 05