Was tun, wenn die eigenen Eltern zu Pflegefällen werden? Laila Stieler und Tim Trageser gelingt ein nachdenklicher, berührender Film.

TV-Drama: Wohin mit Vater? 20.15 Uhr ZDF

Vati weint. Hilflos, erschüttert, beschämt schaut der Sohn zu, verborgen im Türrahmen. Der Vater, einst stark und übermächtig, ist schwach - und ganz offensichtlich erkennt er seine fast aussichtslose Situation. Eine tief berührende Szene, nicht nur für diejenigen, die solch einen Moment in der eigenen Familie erlebt haben. Der gehbehinderte, pflegebedürftige ältere Herr hat seine Frau, die im Wortsinn seine ganze Stütze war, verloren. Alleine kann er seit einem Schlaganfall nicht mehr aufstehen, er braucht Hilfe auf der Toilette. Er ist ein Pflegefall. Und seinem Sohn und seiner Tochter stellt sich jetzt die bange Frage: "Wohin mit Vater?"

Unsere Gesellschaft altert. Es ist eine Binsenwahrheit, und doch: Reden wir in der eigenen Familie auch offen darüber? Können die Eltern zugeben, dass sie bedürftig sind, Unterstützung brauchen, nicht mehr alleine zurechtkommen? Machen sich Kinder Gedanken, wie sie den Alltag der Eltern erleichtern können? Was zu tun ist im Ernstfall? Seien wir ehrlich: Die meisten sind erst einmal hilf- und ratlos.

So auch Thomas (Hans-Jochen Wagner) und Susanne (Anna Loos). Die vom Papa deutlich mehr geliebte "Suse" denkt darüber nach, mit ihrer Tochter ins Elternhaus zu ziehen. "Weil man das so macht. Er hat uns versorgt, als wir klein waren. Und jetzt sind wir dran. Wir können ihn nicht abschieben." Der Sohn, der sein berufliches und privates Glück weit weg von zu Hause gesucht hat, denkt eher an Pflegeheim oder Pflegedienst. Immerhin, sie reden endlich miteinander, streiten, alte Vorwürfe werden wiederholt - alles nicht so schlimm, weil sie sich im Grunde ihres Herzens einig sind: Gemeinsam werden sie einen Ausweg finden.

Selbst wenn der Vater es ihnen nicht immer leicht macht. Dieter Mann, der den widerspenstigen Alten spielt, sagt: "Ich sehe immer zu, für meine Rollen Sympathiepunkte zu sammeln. Aber ich wollte auch nichts beschönigen und damit verfälschen."

"Wohin mit Vater?" basiert auf dem gleichnamigen, sehr erfolgreichen Sachbuch eines Journalisten, der anonym bleiben möchte. "Mich haben die Zwischentöne interessiert", sagt Drehbuchautorin Laila Stieler. "Die Unlösbarkeit eines Konflikts, wenn zum Beispiel ein Sohn sein eigenes erwachsenes Leben lebt, nun aber vor der Aufgabe steht, seinen alte Vater pflegen zu müssen, der Hunderte Kilometer entfernt wohnt. Da gibt es nur Annäherungen, keine Lösungen." In ihren Augen hat "irgendwie jeder recht: die Jungen, wenn sie ein unabhängiges, eigenes Leben führen wollen, die Alten, wenn sie auf ihren Anspruch pochen, gepflegt zu werden."

Regisseur Tim Trageser will mit seinem Film eine Diskussion in Gang setzen: "Die Eltern und Kinder sollen spüren, dass sie miteinander reden müssen, auch wenn es schwerfällt. Das schönste Kompliment für den Film wäre, wenn direkt nach der Ausstrahlung alle zum Telefon greifen und ihre Eltern, ihre Geschwister oder ihre Kinder anrufen würden."

Am Ende erscheint auch der Blick der Hauptfiguren in die Zukunft ein wenig hoffnungsvoll: Eine junge Frau aus Bosnien zieht ins Haus, herzlich, verständnisvoll, zupackend. Und bezahlbar. Eine Möglichkeit, wenn auch außerhalb der Legalität.

Gefühlvoll und glaubhaft, manchmal sogar komisch bei aller Tragik unterhält dieses Sozialdrama in bester öffentlich-rechtlicher Tradition und benennt deutlich die drängende soziale Frage, auf die man nicht nur privat eine Antwort finden muss, sondern auch gesellschaftlich.