“Die Affäre“ ist das furiose Porträt einer Ehefrau am Scheideweg.

Ein Film so kalt wie Stahl. Er schneidet direkt ins Herz. Radikaler, genauer und verlorener hat man wohl noch keine Amour fou auf der Leinwand gesehen als jene, die Kristin Scott Thomas als Suzanne und Sergi Lopez als Ivan in Catherine Corsinis "Die Affäre" durchleben. Erst rollt Suzanne ihr Auto davon. Handwerker Ivan, der das Gartenhaus ihrer Familie aufmöbeln soll, will den Wagen stoppen und gerät unter die Räder. So wie bald das Leben aller Beteiligten.

Die Arztgattin, ermüdet vom jahrelangen Mutter- und repräsentativen Anhängsel-Dasein, orientiert sich gerade als Krankengymnastin neu, doch diese Veränderung reicht nicht aus. Erst pflegt Suzanne den verletzten Handwerker, doch schon bald kann sie ihre Gefühle für Ivan nicht mehr kontrollieren. "Ist das jetzt die Bürgerliche und der Proll?", fragt ihr Ehemann entsetzt. Wie ein Gewitter bricht das Gefühlschaos herein. Folgerichtig ignoriert Suzanne die unterschiedlichen Lebensstile. Doch so einfach ist das mit dem neuen Leben nicht. Ihr verbitterter Mann Samuel, Ivan Attal, rächt sich, indem er ihre Existenz ruiniert.

Wie Kristin Scott Thomas der Wandel von der braven Ehefrau im bürgerlichen Sicherheitsnetz zur Kamikaze-Frau, die nichts mehr zu verlieren hat, mit sparsamer Mimik gelingt, ist so erschütternd wie furios anzusehen. "Die Affäre" ist mehr als nur ein Film über eine verhängnisvolle Dreiecksbeziehung. Er ist das Porträt einer Frau am Scheideweg. Kristin Scott Thomas hat zuletzt in der französischen Produktion "So viele Jahre liebe ich dich" bewiesen, dass sie jenseits der glatt gebügelten Hollywood-Dramen eine mutige Charakterdarstellerin ist.

++++- Die Affäre F 2009, 85 Minuten, ab 12 Jahren, R: Catherine Corsini, D: Kristin Scott Thomas, Sergi Lopez, Ivan Attal, täglich im Holi, Koralle; www.alamodefilm.de/alamode/docs/2010/partir/720.html