Wer Jazz mag, kann sich mit der “Chrismas Carols“-CD von Carla Bley und Bugge Wesseltofts “It's snowing on my piano“ in Stimmung bringen.

Hamburg. Die Borgs waren bescheidene Leute. Sie lebten in Oakland, Kalifornien, ein Teil der Familie war eingewandert aus Schweden. Der Vater Emil schlug die Orgel in der Kirche. Weihnachten nahm man also wichtig im Hause Borg. Carla, die Tochter, liebte den Tannenbaum und die hübsch verpackten Geschenke. Es war für sie nie was Dolles drin, abwechselnd Socken oder Taschentücher. Aber wenn der Kirchenchor am ersten Weihnachtstag all die schönen Weihnachtslieder sang, bekamen die Kinder am Ende Süßigkeiten geschenkt. Die aß sie gern. Die Lieder aber mochte sie noch mehr.

Jahre später, inzwischen jobbte sie als Zigarettenverkäuferin im Jazzclub Birdland in New York, verliebte sich Carla Borg in den Jazzpianisten Paul Bley. Der Rest ist Jazzgeschichte. Die beiden heirateten. Carla spielte Klavier, vor allem aber komponierte sie. Beides tut sie heute noch, und alle Jazzwelt liebt sie dafür. Wer Weihnachten leiden kann und Carla Bley, wird auch ihr neues Album "Carla's Christmas Carols" mögen.

Allerdings sind die Arrangements von einer Ironiearmut, die untypisch ist für Carla Bley. Schon die geradezu ehrfürchtig gespielten Eröffnungstakte von "O Tannenbaum" zeigen: Hier soll den Weihnachtsliedern nicht der Swing beigebracht werden. Auch von der chronischen Fröhlichkeit rotnasiger Rentiere keine Spur. Die Lieder wurden für ein exquisites Bläserquintett um den Bassposaunisten Ed Partyka arrangiert. Steve Swallow singt eher zurückhaltend auf dem E-Bass, und Carla Bley spielt auf dem Klavier fast so schlicht wie wohl einst ihr Vater.

Ein reines Klavieralbum mit Weihnachtsmusik, gespielt von dem norwegischen Pianisten Bugge Wesseltoft, findet nun schon seit zwölf Jahren seine Käufer: "It's Snowing On My Piano" heißt die 1997 aufgenommene Platte, die zu den frühen Veröffentlichungen der Münchner Firma ACT zählt und sich dort mittlerweile mit rund 100 000 Exemplaren zum bestverkauften Album des gesamten Katalogs entwickelt hat. Wesseltoft hatte sich damals als Begleiter von Jan Garbarek oder Arild Andersen schon einen Namen gemacht, stand aber erst am Anfang seiner Solokarriere. Inzwischen gilt er als einer der cleversten Klangtüftler zwischen akustischer und elektronischer Musik. Ähnlich wie Carla Bley verzichtet auch Wesseltoft auf alle vordergründigen Jazz-Anspielungen in seiner Weihnachtsmusik. Vielmehr herrscht eine meditative, schlichte, bisweilen heitere Festlichkeit. Das Album gibt es mittlerweile auch ergänzt um eine DVD mit Live-Aufnahmen eines Weihnachtskonzerts mit Nils Landgren, bei dem Wesseltoft mitspielte.

Männer, die ihr ganz entspannt morgen Vormittag anfangt, Geschenke zu besorgen: Das ist Musik, die euren Frauen gefällt. Und euch höchstwahrscheinlich auch.