Eva Dahr hat Jostein Gaarders Roman “Das Orangenmädchen“ verfilmt - mit gemischtem Erfolg

Zum 16. Geburtstag überreicht die Mutter dem Sohn einen Umschlag. "Für Georg. Von Papa." steht darauf. Elf Jahre ist der Vater nun schon tot und Georg (Mikkel Bratt Silset) will sich nicht an ihn erinnern. "Vorbei ist vorbei" sagt er, aber die Heftigkeit seiner Reaktion zeigt, dass die Wunden des Verlustes noch nicht verheilt sind. Mit seinem Teleskop reist Georg während der Osterferien in den verschneiten Norden, um einen Kometen am ungetrübten norwegischen Gebirgshimmel zu beobachten. Während er mit Skiern und Rucksack von Hütte zu Hütte wandert, beginnt er die Briefe des Vaters zu lesen. Darin findet sich ein Vermächtnis der besonderen Art: eine Liebesgeschichte um eine Frau (Annie Dahr Nygaard), die der Vater (Harald Thompson Rosenstrøm) in der Straßenbahn mit einer Tüte Orangen auf dem Arm getroffen hat.

In seinem Roman "Das Orangenmädchen" verschränkte der norwegische Autor Jostein Gaarder ("Sofies Welt") zwei Liebesgeschichten miteinander. Die eine erzählt vom Abenteuer des Verliebens zwischen einem Mann und einer Frau. Die andere von der Liebe eines Vaters zu seinem Sohn. Wie ein Märchen lässt die norwegische Filmemacherin Eva Dahr in ihrer Verfilmung das Aufeinandertreffen des Vaters mit der ungeheuer blauäugigen Apfelsinenfrau aussehen. Als zentraler Erzähler bleibt der Vater allerdings viel zu blass, während die vermeintlich geheimnisvolle Frauenfigur in Feen-Klischees erstarrt. Dahr hat die Vorlage, in der allerhand lebensphilosophische Grundlagen verhandelt werden, auf eine zweifache Lovestory heruntergebrochen. Während der Vater in seinen Briefen von den eigenen Liebesnöten berichtet, beginnt sich auch der Sohn zögernd in der Schneehüttenenge einem Mädchen zu öffnen. Diese Parallelität der Entwicklung führt dann zu einem psychologischen Erlösungsmodell, das den Geist von Gaarders deutlich tiefgründigeren Vorlage über Gebühr simplifiziert.

+++-- Das Orangenmädchen N/D/E 2009 R: Eva Dahr, D: Annie Dahr Nygaard, Mikkel Bratt Silset, täglich im Abaton, Zeise; www.neuevisionen.de