Leslie Malton, Spezialistin für schwierige Frauen-Figuren, zeigt sich in Michael Frayns Stück “Verdammt lange her“ von ihrer komischen Seite.

Hamburg. Oft bekam Leslie Malton nicht die Chance, sich als Komödiantin zu beweisen. "Im Theater ist das Spektrum der Rollen größer, die einem angeboten werden", sagt sie. "Im Fernsehen wird man eher als Typ besetzt." Der Frauenfußball-Film "FC Venus" und "Warten auf Angelina" von H. C. Blumenberg waren zwar Kino-Komödien, doch die Fernsehzuschauer kennen Malton eher als einfühlsame, facettenreiche Darstellerin komplizierter Charaktere - von hart über schwer neurotisch bis zu zerbrechlich-zart.

In Michael Frayns Komödie "Verdammt lange her" spielt sie Lady Driver - als einzige Frau unter sechs ehemaligen College-Studenten, die das Wiedersehen nach 25 Jahren kräftig begießen. "Henne im Korb zu sein macht mir einen Riesenspaß", meint sie und korrigiert mit vergnügtem Glitzern in den Augen: "Das Stück ist eine Farce. Ein großer Unterschied." Malton ist bekannt für ihre Genauigkeit. "Komödie beruht auf Pointen und Situationskomik, die Farce auf Missverständnissen, die sich immer mehr zuspitzen."

Hetzjagd durch Türen und Versteckspiel hinter Vorhängen auf der Probe haben die zierliche, doch in Hosen sportlich wirkende Charakterschauspielerin offenbar nicht ermüdet. Die kurzsichtige Dame Driver landet nämlich im falschen Zimmer und wird mit der angetrunkenen Männerhorde im College über Nacht eingeschlossen, was keinesfalls ihrer Position entspricht.

Leslie Malton, Tochter eines US-Diplomaten und einer Wienerin, wuchs zweisprachig auf. Sie ging in Wien und Boston zur Schule, wusste früh, dass sie Schauspielerin werden wollte. "Mein Vater ging mit mir oft ins Kino, und ich wollte immer zu den Leuten auf die Leinwand hinauf." Ein Zufall bestärkte sie. "In Wien wurde die amerikanische Produktion 'A Little Night Music' gedreht, ich kümmerte mich um die Schauspielerin Hermione Gingold und bekam auch eine kleine Rolle." Liz Taylor und Diana Rigg spielten in dem Film und Malton war vom Set-Leben fasziniert. Sie ging nach New York und London, besuchte Schauspiel-Seminare, aber nie eine Schule: "Ich hatte immer das Glück, Arbeit zu finden." Also: Learning by doing? Prompte Antwort: "Absolutely!"

Zwei Erfolge bahnten ihr den Weg ins deutschsprachige Theater, Fernsehen und Kino: Die Ophelia mit Klaus Maria Brandauer als "Hamlet" 1985 am Wiener Burgtheater. Brandauer prophezeite Malton eine Weltkarriere in Hollywood. Sie zog es aber vor, mit George Tabori zu arbeiten, spielte "Mein Kampf" und in seiner Laborbühne "Der Kreis" , startete dann 1993 mit Dieter Wedels Vierteiler "Der große Bellheim" endgültig durch. Hollywood kommentiert sie im Rückblick: "Es wäre nicht schwer gewesen, als Amerikanerin dorthin zu gehen. Ich hatte hier so viele Angebote, bekam so schöne Rollen, dass ich gar nicht mehr auf die Idee gekommen bin. Ich bin in Europa verankert."

Heimatgefühle empfindet die "wurzellose" Weltbürgerin Malton bei ihrem Mann, dem Regisseur und Schauspieler Felix von Manteuffel - und auf der Bühne. Sie genießt es, mit ihm zu arbeiten und zu spielen wie in seiner Inszenierung von Schimmelpfennings "Die Frau von früher". Spannungen gebe es nicht. "Er als Schauspieler weiß doch, wie Schauspieler funktionieren, es gibt keine Hierarchie, wir arbeiten zusammen, und das gehört für mich zum Schönsten." Das Künstlerpaar war die letzten sechs Jahre in Frankfurt engagiert, doch Malton will wieder mehr Filme drehen.

Hat die Bühnen-Globetrotterin zwischen Berlin, Hamburg, Wien und Zürich je ein Klassentreffen besucht? "Ja, in den letzten Jahren zweimal an der Internationalen Schule in Wien. Es hat mir viel Spaß gemacht." Für das Vergnügen der Zuschauer sorgt nun hoffentlich Lady Driver mit ihren Herzensergüssen — ausgerechnet beim falschen Mann. Und gelingt das Leslie Malton, hätte sie zweierlei bewiesen: erstens, dass Rollenklischees nicht stimmen. Und zweitens, dass die alten Unterscheidungen zwischen Komödie und Farce verdammt egal sind - wenn nur das Publikum auf seine Kosten kommt. Michael Frayn und Leslie Malton sind als Perfektionisten bekannt. Die Kombination könnte die Garantie sein für einen Lacherfolg an der Mundsburg.

Verdammt lange her ab 26.11., Ernst-Deutsch-Theater, Karten unter T. 22 70 14 20