Mankells Kriminalromane bescherten auch den anderen Büchern des Schweden Erfolg. Doch im Frühjahr erscheint der letzte Wallander.

Hamburg. Er ist auf der Durchreise. Vor wenigen Tagen Mosambik, dann Kopenhagen, Hamburg, tags darauf Berlin. Henning Mankell lehnt sich auf der weichen Lederbank im Hotel Wedina zurück. Er sieht ein wenig müde aus und bestellt eine Tasse Tee. Earl Grey. "Ohne Milch und ohne Zucker, bitte." Gestern hat der schwedische Bestsellerautor und Erfinder des Kommissars Kurt Wallander in der Universität die Nordischen Literaturtage eröffnet.

Dort hat Mankell, 1948 in Stockholm geboren, seinen Roman "Daisy Sisters" vorgestellt. Kein neues Buch, in Schweden ist es bereits 1982 erschienen, in Deutschland aber jetzt erstmals übersetzt. "Ich habe meinem Verleger vorgeschlagen, das Buch auch in Deutschland herauszubringen", sagt Mankell lächelnd. Wer kann sich dem Wunsch eines Autors, der von den Wallander-Romanen allein in Deutschland mehr als zwei Millionen Exemplare verkauft hat, verwehren? Eben. Und in Schweden hat jeder Dritte einen Wallander gelesen. Knapp neun Millionen Menschen leben in dem nordischen Land.

"Daisy Sisters" erzählt die Geschichte dreier Frauen aus drei Generationen und ihren Kampf um Emanzipation. "Das Buch bedeutet mir noch immer sehr viel", erzählt Mankell. Offenbar nicht nur ihm, denn kurz nach Erscheinen sind bereits 80 000 Exemplare verkauft worden. Wo Mankell draufsteht, ist nicht immer Wallander drin, aber der Erfolg scheint garantiert.

Erst neun Jahre nach "Daisy Sisters" hat Mankell, dessen Familie im Hessischen auch deutsche Wurzeln hat, mit "Mörder ohne Gesicht" den ersten Kriminalroman um den bärbeißigen Kurt Wallander herausgebracht. Die Weichen waren auf Erfolg gestellt. "Die Wallander-Geschichten waren für mich sehr wichtig, denn sie waren und sind eine Art Lokomotive für den Verkauf meiner anderen Bücher."

Rund 40 Bücher hat Henning Mankell, der heute im schwedischen Göteborg und in Mosambik lebt, wo er eine Theatergruppe leitet, bislang geschrieben - Theaterstücke, Drehbücher, Afrika-Romane und natürlich Kriminalromane, die aber nur ein Viertel der mankellschen Produktion ausmachen. Welche der Bücher ihm am wichtigsten seien, könne er nicht sagen - "es sind alles meine Kinder".

Und die müssen gehegt und gepflegt werden, so verschieden sie nun einmal sind. "Ich versuche wie ein Farmer zu arbeiten. Ein Farmer hat ein Stück Land, das er nicht jedes Jahr mit den gleichen Gewächsen bepflanzen kann. Dann würde er sein Land zerstören." So lässt Mankell halt viele belletristische Pflanzen gedeihen.

Eine allerdings wird nicht mehr bewässert werden, die Pflanze Wallander. In Schweden ist bereits der zehnte Roman mit dem knorrigen Kommissar erschienen, in Deutschland ist er für nächstes Frühjahr angekündigt. Dann ist Schluss. Wirklich? "Ja, definitiv", sagt Mankell. "Wenn man das Buch gelesen hat, weiß man am Ende, dass es nicht weitergehen kann." Klingt letal. "Nein, er stirbt nicht, aber es geht nicht mehr." Punkt. Den Rest Hoffnung der Wallander-Gemeinde wischt Mankell beiseite.

Henning Mankell ist gewiss der erfolgreichste der sowieso erfolgreichen schwedischen Kriminalschriftsteller. Kann er sich den Schweden-Boom gerade in deutschen Landen erklären? Eigentlich nicht, sagt er, gewiss habe sein Erfolg viele andere Autoren motiviert, ebenfalls Kriminalromane zu schreiben. "Als Boris Becker so erfolgreich war, haben in Deutschland ja auch viel junge Leute begonnen, Tennis zu spielen. Das könnte eine Antwort sein."

Klingt einfach. Vielleicht hängt es aber auch damit zusammen, dass die deutsche und die schwedische Kultur eng miteinander verbunden sind. "Vor 500 Jahren hörte man in den Straßen von Stockholm noch viele Menschen deutsch sprechen. Das war in Norwegen ganz anders." So seien sie halt innig verwandt, die Kulturen der Schweden und der Deutschen.

Eine kleine Hoffnung bleibt am Ende. Vielleicht schreibe er irgendwann ja doch wieder einen Kriminalroman, räumt Mankell ein. Nur Wallander, der kommt nicht wieder. Wo er bleibt? Warten wir auf das Frühjahr. Dann sprießen schließlich neue Triebe.

Nordische Literaturtage: bis 27.11.; www.nordische-literaturtage.de