War der Wechsel eine gute Idee? Kaum einer will bei dem Privatsender Informationssendungen sehen - sehr zum Leidwesen des Moderators.

Hamburg. Auf dem Plakat am Fernsehstudio an der Rothenbaumchaussee ist die Welt noch in Ordnung: Es bewirbt die ZDF-Talkshow "Johannes B. Kerner". Die gibt es aber seit eineinhalb Monaten nicht mehr. Bekanntlich ist Kerner zu Sat.1 gewechselt. Ob das eine gute Idee war, lässt sich nach den ersten beiden Wochen mit Fug und Recht bezweifeln.

Beim ZDF war Kerner auf dem Höhepunkt seiner Karriere. Er moderierte nicht nur seinen Talk, sondern auch Quizshows wie "Unsere Besten", kommentierte Fußballländerspiele und berichtete von den Olympischen Spielen. Kerner war das Gesicht des Zweiten.

Jetzt soll er das Aushängeschild von Sat.1 werden. Aber irgendwie klappt das nicht. Der TV-Star Kerner und der Sender scheinen nicht so richtig zueinanderzupassen. Die erste Ausgabe von Kerners neuer Sat.1-Show wollten lediglich 1,83 Millionen Zuschauer sehen. Die zweite Sendung verfolgten nur noch 1,61 Millionen Zuseher.

Verglichen mit dem Special zum Tod von Robert Enke, das Sat.1 am Mittwoch zeigte, waren das noch respektable Zahlen. Die Sondersendung hatte ganze 640 000 Zuschauer, was einem Marktanteil von 4,9 Prozent entspricht. Zum Vergleich: Die Sendung von Kerners ZDF-Nachfolger Markus Lanz, die 15 Minuten nach dem Sat.1-Special begann und ebenfalls Enke zum Thema hatte, kam auf 1,25 Millionen Zuschauer und einen Marktanteil von 12,2 Prozent.

Kerner hat sich seit seinem Wechsel zu Sat.1 nicht groß verändert. Im Gegensatz zu seinen ersten beiden Sat.1-Sendungen, bei denen es viel um Nutzwert ging, ähnelte das Special Kerners ZDF-Talk. Mit dem Präsidenten von Hannover 96 Martin Kind und Enkes Torwarttrainer Jörg Sievers hatte er zudem die besseren Gäste als Lanz, der mit seinem ZDF-Kollegen Günter-Peter Ploog, einem Psychiater und einem Mann sprach, der an Depressionen litt.

Warum aber hatte das Special so miserable Quoten? Womöglich weil die Zuschauer Sat.1 in puncto Information nichts zutrauen und Formate wie "Kerner" dort nicht vermuten. Bereits im Sommer erzielten Sabine Christiansen und Stefan Aust mit ihrer - zugegeben schwachen - Talkshow "Ihre Wahl" unterirdische Quoten.

Lanz hingegen profitiert vom ehemaligen Kerner-Sendeplatz im ZDF. Und nicht nur das: Seine Talkshow wird von der Hamburger Produktionsgesellschaft Die Fernsehmacher verantwortet, die bis vor Kurzem zur Hälfte Kerner gehörte. Um aber für klare Verhältnisse zu sorgen, stieg Kerner vor seinem Engagement bei Sat.1 bei den Fernsehmachern aus. Von Lanz' Erfolg beim ZDF hat er nun rein gar nichts.