1980 haben sich Wolfgang Joop und seine Frau Karin getrennt. Seither lebt er mit Edwin Lemberg zusammen.

Ich traf Edwin auf einer Fotoreise nach Martinique für die "Für Sie". Edwin war der Assistent von Christoph von Collenberg, einem Fotografen aus Hamburg, und er war hochnäsig und pampig und rotzfrech. Das imponierte mir. Während Karin ihre ersten damenhaften Anfälle bekam, die mich nervten. Mit 33 Jahren wurde sie auf einmal Dame. Vorher ging sie mit mir durch dick und dünn und gebar meine Kinder, und auf einmal entfremdeten wir uns. Ich entglitt ihr.

Eines Morgens bekam ich die Augen nicht mehr auf. Durch die Ausdünstung der Filzstifte waren sie eh immer entzündet, ein Fotoshooting mit Robert Mapplethorpe hatte ihnen den Rest gegeben. Die Linsen waren hinüber. Meine Augen wurden auch kleiner durch die Operation. Doch trotz Verband konnte ich klar sehen, was in meinem Privatleben geschah. Also nahm ich, zurück aus der Münchner Klinik, in Hamburg ein Bild und meinen Kulturbeutel und zog zu Edwin. In seine Souterrainwohnung in der Rothenbaumchaussee, unter dem Einrichter Peter Preller, bei dem Edwin Praktikant war.

Und weil ich so liebeswund war, dachte ich, ich müsste mich in Edwin verlieben. Meine Generation war doch eh bilateral. Ich war weder aufgeklärt noch sexuell erzogen und dachte, was sich nett anfühlt, darf man. Wobei, ich bin sensuell, nicht so sexuell, und habe auch Manschetten vor Experimenten, die ich nicht brauche, oder Berührungen, von denen ich vorher schon ahne, dass sie mir nicht gefallen könnten. Ich brauche keine Abgründe.

Ich hätte mich gern an einen Mann angelehnt, an seine Schulter, die ich nie hatte. Denn die Vaterliebe - vom Sohn zum Vater und umgekehrt - war gestört. Wenn mein Vater mich in den Arm nehmen wollte, wurde mir eher übel. Das wollte ich gar nicht. Aber es gab diese übergeordnete Vorstellung vom Knappen und Ritter, die alten Bilder, die zärtliche Erziehung, die zärtliche Führung zur Selbstentdeckung, wenn man so will - solche altmodischen Vorstellungen habe ich. Das fehlte mir.

Ich finde auch, dass Männer durchaus erotisierend wirken können. Aber ich finde mich selbst so schwer zurecht dann. Wer bin ich denn dann?

Edwin und ich konnten uns nicht lieben in dem Sinne, wie ein Paar lieben würde. Das haben wir auch schnell eingesehen. Deswegen sind wir auch heute noch zusammen, weil wir diesen Punkt nicht berühren.

Das Buch: Die Biografie "Wolfgang Joop - Wunderkind. 14467 Potsdam" , herausgegeben von Inga Griese und Edwin Lemberg (Collection Rolf Heyne, 520 S., ca. 600 Abb., Leinen, 150 Euro), ist soeben erschienen.

Fotos von der "Wunderkind"-Mode unter abendblatt.de/wunderkind