Umringt von Kameraleuten steht die zierliche Frau auf einer Straße in Berlin, und ein ungläubiges Lächeln huscht über ihr Gesicht: Zehn Jahre nach Günter Grass feiert Deutschland eine Literaturnobelpreisträgerin.

Herta Müller 56 Jahre alte Rumäniendeutsche, erhielt gestern überraschend die wertvollste Auszeichnung der Literaturszene. "Ich habe es nicht erwartet", sagte sie überwältigt. "Ich war sicher, es passiert nicht. Ich kann auch noch gar nicht darüber reden."

Die Sprachlosigkeit einer Sprachzauberin, die in ihren Werken das eigene Leben und Leiden unter einem totalitären System literarisch verdichtet. Auch im jüngsten Buch von Herta Müller, "Atemschaukel", geht es um das Schicksal der deutschen Minderheit in Rumänien nach dem Zweiten Weltkrieg. Kanzlerin Angela Merkel sprach von einem "wunderbaren Signal 20 Jahre nach dem Mauerfall".