Der Entertainer Harald Schmidt ist wieder solo unterwegs und nimmt sich in seiner Sendung Politik und Kultur vor.

Köln. Damit das schon mal klar ist: "Wer nicht weiß, wer Roland Pofalla ist oder was die Schaubühne am Halleschen Ufer gemacht hat, der wird es schwer haben", sagt Harald Schmidt. Er meint die Zuschauer seiner neuen Late-Night-Show "Harald Schmidt". Die ist ab 17. September jeden Donnerstag, 22.45 Uhr in der ARD zu sehen - mit Schmidt und ein paar TV-Nachwuchskräften, aber ohne Oliver Pocher.

Schmidt sitzt im anthrazitfarbenen Anzug und offenem weißen Hemd im sogenannten Nato-Saal des WDR in Köln. Normalerweise tagt in dem holzgetäfelten Raum der Rundfunkrat des Senders. Nun ist er voller Journalisten, die von dem Entertainer eher eine Performance als eine Pressekonferenz erwarten. Und natürlich enttäuscht er sie nicht.

Das geht schon damit los, dass Schmidt erst einmal ARD-Programmdirektor Volker Herres widerspricht. Der hatte zu Beginn der Veranstaltung gesagt, dem Bundestagswahlkampf fehle es an Schwung. Deshalb sei "Harald Schmidt unsere Antwort auf die Politikverdrossenheit".

"Ich finde den Bundestagswahlkampf gar nicht langweilig", wird sein Star ihm später entgegnen. "Die Zeiten des testosterongeschwängerten Geschreis sind vorbei", sagt er, was kein großer Verlust sei. Überhaupt würden die falschen Themen diskutiert - etwa die Dienstwagenaffäre von Ulla Schmidt. Er schüttelt den Kopf. "Ich werde mich dem Druck des Mobs und des Pöbels nicht beugen."

Das ist der rote Faden seiner neuen Late-Night-Show: Weg vom Boulevard, hin zu Kultur und Politik: "Eine Burgtheater-Premiere kann ebenso Thema sein wie der Bundeswehreinsatz in Afghanistan." Dass wie bei "Schmidt & Pocher" auch mal eine Porno-Rapperin mit einem Gläschen Intimsekret zu Gast sein wird, ist eher auszuschließen.

Überhaupt Pocher: Ein Journalist möchte von Schmidt etwas über die neue Late-Night-Show seines einstigen Sidekicks hören. "Tschuldigung", sagt er und wendet sich dem nächsten Fragesteller zu. Später fragt noch einer, ob er es sich vorstellen könne, als Gast zu Pocher zu gehen. Wieder fällt die Antwort knapp aus: "Nein."

Schauspieler, die ihren neuen Film anpreisen, oder Autoren, die eine Neuerscheinung promoten wollen, kommen Schmidt nicht mehr in die Sendung. "So etwas ödet mich an." Stattdessen hat er für seine erste Late-Night-Show den Chef des Textilherstellers Trigema eingeladen, den eigenwilligen Wolfgang Grupp. Der wirbt mit einem Schimpansen und dem Umstand, dass sein Unternehmen noch in Deutschland produziert. In der Woche drauf wird der Leiter des Berliner Ensembles Claus Peymann zu Gast sein, den Schmidt schon seit den siebzigerjahren verehrt.

Gern kokettiert der 52-Jährige mit seinem Alter: "Ich gehöre nicht zu denen, die ein jüngeres Publikum haben", sagt er. "Ich bin wie Oskar Lafontaine da, wo die Mehrheit ist - bei den Senioren." Das hindert ihn nicht daran, massiv den Nachwuchs zu fördern. Von seinen fünf Mitstreitern, die hauptsächlich in Einspielfilmen zu sehen sein werden, ist eigentlich nur Schmidts Autor Ralf Kabelka alias Dr. Udo Brömme bekannt. Die Moderatoren und Schauspieler Caroline Korneli, Jan Böhmermann und Pierre M. Krause sind noch dabei, sich einen Namen zu machen. Katrin Bauernfeind kennt man am ehesten als Moderatorin der inzwischen eingestellten Web-TV-Sendung "Ehrensenf". Und der Zeitungsjournalist und Schriftsteller Peter Richter hat, abgesehen von einer Videokolumne für das Internet, noch überhaupt nicht für das Fernsehen gearbeitet.

Einer der fünf, hofft Schmidt, könnte sich zu seinem Sidekick in der Nachfolge von Manuel Andrack entwickeln. Bis es so weit ist, wird der Meister allein zur Tat schreiten: "Bei mir ist der Wunsch wieder da, Blut zu trinken", sagt er. "Es gibt so viele Genicke, die danach lechzen, durchgebissen zu werden."

Mindestens zwei Jahre lang soll "Harald Schmidt" im Ersten zu sehen sein. Fortsetzung nicht ausgeschlossen. Darauf hat sich der WDR - federführend für die ARD - mit der Produktionsfirma Kogel & Schmidt GmbH geeinigt.

Ach ja: Ronald Pofalla ist der Generalsekretär der CDU. Und die 1970 von dem Regisseur Peter Stein und anderen gegründete Schaubühne am Halleschen Ufer in Berlin-Kreuzberg verstand sich im Gegensatz zu etablierten Häusern als Mitbestimmungstheater.