Morgen kommt “Isch kandidiere“ ins Kino. Der Film überzeugt nur im ersten Teil.

Berlin. Im Mai 2006 hat Horst Schlämmer zum ersten Mal die Seiten gewechselt. Der Mann mit der Herrenhandtasche war Gast bei Günther Jauchs "Wer wird Millionär?", trickste den Moderator aber aus, setzte sich auf dessen Stuhl und begann nun, ihm die Fragen zu stellen, statt zu antworten.

Dieser Seitenwechsel ist schon die ganze Grundkonstellation des Films "Horst Schlämmer - Isch kandidiere", mit dem die Kerkeling-Figur nun erstmals ins Kino kommt. Als stellvertretender Chefredakteur des "Grevenbroicher Tagblatts" muss er lauter Provinzpolitiker interviewen. Und kommt eines Tages darauf, dass die auch nur mit Wasser kochen. Ergo dreht er wieder den Spieß um - und geht selbst in die Politik. Eine Schnapsidee, ersonnen in der Stammkneipe, vor dem obligaten Doornkaat. Aber eine, die in die Tat umgesetzt wird.

Die erste halbe Stunde dieses Films hat tatsächlich Witz. Schlämmer ist nur eine fiktive Figur, aber als solche sicher der berühmteste Bürger, den Grevenbroich je hervorgebracht hat. So stellen sich die Lokalpolitiker mehr als willig mit Schlämmer vor die Kamera. Und entlarven sich dabei selbst mit einer Offenheit, die erschüttert. Da kann man Schlämmer nur beipflichten: Was die nicht können, das kann ich auch.

Die Humorschraube wird noch eine Windung weitergedreht, als Schlämmer sich mit "seinem" Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers trifft. Doch statt ihn zu interviewen, will er von ihm wissen, wie man eine Partei gründet. Und Rüttgers muss vor laufender Kamera missmutig mitspielen. In diesen Momenten scheint Kerkelings Schlämmer tatsächlich große Sozialsatire auf die deutsche Politlandschaft anzustreben.

Aber ach, das ist Kerkelings Sache nicht. Wie seine omnipräsente Figur - die im Begriff ist, dem real existierenden Komiker den Rang abzulaufen - hat auch Kerkelings Humor Schnappatmung. Statt bissiger Satire wird "Isch kandidiere" nach dem Rüttgers-Besuch zu einer mal mehr, mal minder amüsanten Komödie.

Ein paar hübsche Momente gibt es noch: Wenn Bushido für Schlämmer einen Werbesong rappt - damit kann die Constantin auch schon ihren nächsten Großfilm über den Musiker bewerben. Oder wenn Schlämmer zum Kanzlerduell mit Angela Merkel antritt, die Kerkeling selbstredend auch noch spielt. Aber es ist nicht komisch, wenn man sich noch 20 Jahre nach dem Mauerfall über Sachsen lustig macht. Und mit der Idee, beim Deutschen Filmpreis Stars von Bully bis Senta Berger zu Obamas Stärken zu befragen und daraus einen Werbespot über Schlämmers Qualitäten zu zimmern, dürfte Kerkeling es sich wohl auch mit dem halben deutschen Film verscherzt haben.

Merkel, Steinmeier & Co., so dachte man vorab, könnten nach diesem Film einpacken. Und Schlämmer - mit einer Pressekonferenz medial angeheizt - schien in diese Kerbe zu hauen. Aber sein Wahlkampf bleibt fast so mau wie der von denen, die er karikiert. Da ist der andere Film, der unsere Politik durch den Kakao zieht, "Die Partei", ein Stückchen böser, abgründiger, gehässiger. Und bei dieser Partei handelt es sich sogar um eine echte und nicht nur, wie bei Schlämmer, um ein Ulkprojekt.

Horst Schlämmer - Isch kandidiere Der Film startet in Hamburg morgen im Cinemaxx Dammtor, Harburg und Wandsbek, UCI Mundsburg, Othmarschen, Smart City und Blankeneser.