Etwa 80 Minuten, und die ohne Pause. Thomas Hengelbrock verlor keine Zeit, um in seinem SHMF-Konzert im Lübecker Dom klarzumachen, dass Länge in dramaturgischer Hinsicht nicht alles ist.

Lübeck. Für seine Probenphase mit den Musikern von Festival-Orchester und -Chor hatte sich der zukünftige NDR-Chefdirigent eine interessante Kombination zurechtgelegt, die Kammerorchester-Fassung von Schostakowitschs 8. Streichquartett und das Mozart-Requiem. Zwei biografisch zu lesende Schlüsselwerke, die sich in höchst individuellen Tonsprachen mit der Endlichkeit ihrer Verfasser auseinandersetzen.

Eigentlich ein schlüssiges, auch orchesterpädagogisch sehr cleveres Konzept - wenn nicht das Manko der Dom-Akustik gewesen wäre. Denn erst recht in der vergrößerten Version gehört das Schostakowitsch-Quartett mit seinen drastischen Kontrasten, Abgründen und Brüchen nicht in einen die Konturen aufweichenden Kirchenbau. Es gehört auf einen Seziertisch, um die Struktur scharf herauszuarbeiten. Das ging im sakralen Echo des Doms verloren.

Als wollte er diese unverhinderbare Spielstätten-Schlappe so schnell wie möglich wieder ausmerzen, ging Hengelbrock das ansatzlos folgende Requiem umso zügiger an. Das Solistenquartett kam über das Niveau motivierter Nachwuchstalente nicht hinaus, insgesamt jedoch hatte die Aufführung - soweit man das von einer Totenmesse behaupten darf - einen enormen Unterhaltungs- und Lehrwert, für das euphorische Publikum und die Ausführenden.