Nach seinem Thalia-Dauereinsatz, unter anderem als Faust, Hamlet und Clavigo, gönnt sich Schauspieler und Fußballfan Hans Löw eine Auszeit.

Hamburg. Hans Löw ist gefrustet, wenn er auf die Thalia-Mannschaft angesprochen wird. Die Theaterfußball-Europameisterschaft in Hamburg liegt zwar schon einige Tage zurück, aber er ärgert sich noch immer. Das Thalia-Team ist schon in der Vorrunde ausgeschieden. "Weil bei uns keine Tore fielen, gab's jedes Mal Elfmeterschießen, und da haben wir versagt." Die Bilanz eines Buches, das "Alle Spiele - Alle Tore" verspricht, fällt dagegen sehr gut aus, auch für den Spieler Löw. Dennoch hat er bislang noch nicht richtig in den Band "Thalia Theater 2000-2009" hineingeschaut. "Ich habe Angst, sonst sentimental zu werden", sagt er.

Grund zur Sentimentalität gibt es dort reichlich. Löw hat als günstige Neuverpflichtung im Thalia-Ensemble in der Saison 2001/02 begonnen und ist rasch zum Spielmacher geworden, der Faust, Hamlet, Don Quichotte, Clavigo war. "Die Entwicklung ist ein Wahnsinn. Es gab eine große gemeinsame Energie, die uns alle beflügelt hat."

Löw kannte weder Hamburg noch Thalia, als er zum Vorsprechen eingeladen wurde. Der Stuttgarter hatte gerade die Otto-Falckenberg-Schule in München absolviert und war als Student in einigen Produktionen an den Münchner Kammerspielen aufgetreten ("das war nicht mehr als Edelstatisterie"). Von dort sind ihm starke Hierarchien in Erinnerung. Das Thalia erlebte Löw anders: "Das war von Anfang an offen, da hatte der Chef ein Auge drauf. Davon haben junge Schauspieler sehr profitiert." Zumal Ulrich Khuon dezent Richtungen vorgab, indem er Regisseure mit verschiedenen Handschriften einband. Das führte zu kreativer Vielfalt, nicht zuletzt durch die Schauspieler aber zu einem Thalia-Feeling. Löw hat vor allem mit Andreas Kriegenburg und Michael Thalheimer gearbeitet, die beide für sehr präzise Vorstellungen stehen. "Ich bin kein bekennender Erfüller", sagt Löw. "Aber ich habe nichts dagegen, gesagt zu bekommen, was ich machen soll. Man kriegt sich dann irgendwie dazwischen." Eine besonders intensive Erfahrung für Löw war das Thalia-Gastspiel in São Paulo mit Dea Lohers "Das Leben auf der Praça Roosevelt". Am Schauplatz des Geschehens, im Transvestiten-Milieu der Stadt, waren Löw und Kollegen mit den Rollenvorbildern konfrontiert: "Das war eine Bredouille, sich zu Biografien verhalten zu müssen."

Nach acht Jahren fühlt er sich erschöpft, weil immer gearbeitet wurde. "Man glaubt, sich zu wiederholen", sagt der 32-Jährige. Deshalb will er pausieren. Ist aber am 24.6. noch einmal im "Urfaust" zu sehen. Er wird in Hamburg bleiben, wo er mit Freundin, einer Regisseurin, zusammenwohnt. Und er glaubt, dass er Nichtstun aushält? Löw antwortet mit einem Zitat, grinsend: "Die Null muss stehen." Das ist weder Shakespeare noch Schiller. Sondern Stevens. Huub Stevens.

PS. Der Transfermarkt meldet: Hans Löw verkürzt seine Pausenpläne. Er hat einen Gastvertrag für ("Peer Gynt") in der kommenden Thalia-Saison unterzeichnet. Merke: "Das nächste Spiel ist immer das nächste." (M. Sammer)