Sprechtheater "Matrosenaufstand"

Interview mit Fabian Larsson

| Lesedauer: 3 Minuten

Abendblatt: "Herr Larsson, die Thematik des Matrosenaufstandes ist im Vergleich zu anderen populären Geschehnissen der Vergangenheit kaum in unseren Geschichtsbüchern vertreten. Wie kamen Sie auf die Idee gerade hiermit ein Theaterstück zu inszenieren?"

Larsson: "Das stimmt. Es ist eigentlich kein Thema, das so in der Wahrnehmung der Öffentlichkeit steht. Das liegt sicherlich daran, dass man durch den zweiten Weltkrieg blind geworden ist. Ich hab mich schon in der Schule gefragt, warum man diese lange und widersprüchliche Geschichte, dieses Ringen um eine allgemeine politische und ökonomische Partizipation nicht mal erzählt. Letzten Herbst jährte sich die Novemberrevolution dann zum 90. Mal. Was auch ein Grund war, das Stück zu machen. Das Thema passt sehr gut zu unserer Theatergruppe "Limited Blindness". Erstens gibt es hier ausdrucksstarke Dokumente, aus denen sich eine spannende Inszenierung bauen lässt. Und zweitens sind wir ja ein bunter Haufen aus Kielern, Münchnern und Berlinern. Alles Orte der Revolution von 1918."

Abendblatt: "Das Stück wird komplett im Dunkeln aufgeführt warum?"

Larsson: "2005 hatten wir die Inszenierung "Kino der Freiheit" in einem Bunker unter der ehemaligen Ost- West- Grenze von Berlin, die viel Zuspruch fand. Da haben wir dann zum ersten Mal die Erfahrung gemacht, dass die Suche nach politischen Freiheiten und Dunkelheit gut zusammen passen. Toll an dem Konzept ist einfach das Grundvertrauen des Publikums, sich mit Anderen in einen völlig dunklen Raum zu setzen. Es ist sehr selten, dass Menschen so offen sind. Außerdem kann man mit der Fantasie der Zuschauer wahnsinnig gut spielen. Da entsteht ein ganz neues Gespür für die Radikalität der Fantasie. Dadurch, dass man rein gar nichts sehen kann, arbeitet das "Kopfkino" auf Hochtouren. Da werden ganze Welten imaginiert."

Abendblatt: "Wird am Ende denn das Licht angemacht, um die Bilder des "Kopfkinos" überprüfen zu können?"

Larsson: "Ja, ich will, dass man dann auch wieder in der Gegenwart ankommt. Es geht nicht darum, ein Traumland zu inszenieren. Der Zuschauer soll wissen, wer neben ihm gesessen hat. Nach dem Stück entsteht meist ein wahnsinniger Redebedarf, der braucht schon Raum."

Abendblatt: "Wie baut man ein Stück auf, wo keiner noch nicht mal die Schauspieler etwas sehen kann?"

Larsson: "Der Text stammt aus historischen Originaltönen. Berichten von Zeitzeugen, Erzählungen oder Tagebüchern. Aus diesen historischen Statements in Kombination mit einzelnen Dialogfetzen wird das Stück aufgebaut. Es sind somit keine herkömmlichen Dialoge entstanden, wie wir sie aus dem Theater kennen. Mein Vorteil war, dass ich im Dunkeln sehr viele Figuren erfinden konnte. Es muss sich ja keiner umziehen. Schon in dem Moment, wo sich die Sprache verändert, hat man eine andere Figur. Sehr schnell wechseln so die Figuren, die Positionen, man bekommt ein ziemlich breites Panorama der Zeit. Im Hintergrund gibt es Geräusche, um eine Atmosphäre zu schaffen. Allerdings ist es mir auch wichtig, Lücken in der Inszenierung zu lassen, so dass die Zuschauer selber etwas erfinden."

Abendblatt: "Herr Larsson, wir danken Ihnen für das Gespräch."