In Wandsbek begann er als Plattenverkäufer. Heute ist er Deutschlandchef von Warner und einer der einflussreichsten Musikmanager.

Hamburg. Die beiden Gitarren an der Wand fallen sofort ins Auge. Geschenke von Green Day und von Pat Metheny an Bernd Dopp. Ebenso auffällig ein riesiges Bild von Muhammad Ali in seinem Boxkampf gegen Sonny Liston und ein Albumplakat von Neil Young, natürlich handsigniert. "Im Laufe der Jahre sammeln sich schon ein paar Erinnerungsstücke an", sagt Dopp, seit Anfang des Jahrtausends Präsident von Warner Music Central Europe.

Der drahtige Mittfünfziger gehört zu den wichtigsten Musikmanagern Europas, er ist auf Du und Du mit Superstars wie Eric Clapton, Madonna, Lou Reed oder Michael Stipe. Sein Büro liegt im sechsten Stock eines umgebauten Speichers am Alten Wandrahm mitten in der Hamburger Speicherstadt. Von hier steuert Dopp die Aktivitäten seiner Firma: den Aufbau neuer Künstler, den Vertrieb, die Vermarktung internationaler Größen.

Obwohl der 56-Jährige gegenüber den Chefs in der New Yorker Zentrale allein den Kopf hinhalten muss, spricht er immer von "wir", wenn er seine Arbeit beschreibt. "Für mich ist das Team alles", sagt er. "Ich glaube, dass wir in unserer Branche das professionellste Team in Deutschland haben. Erfahrene Leute, die seit Jahrzehnten in der Firma sind, plus leicht verrückte junge Leute, die das leben, was draußen in den Klubs passiert." Bernd Dopp, ein Barmbeker Jung, lebt immer noch vor, das Ohr an der Basis zu haben. Es gibt kaum ein Konzert in Hamburg, bei dem er nicht zu sehen ist, egal ob es sich um einen Star wie Tom Petty handelt oder eine Nachwuchssängerin wie Y'akoto. "Ja, diese Leidenschaft für Musik lodert immer noch in mir. Sie hat mich angetrieben, seit ich meine erste Single geschenkt bekommen habe." Das war 1965, der Song hieß "Satisfaction", die Band The Rolling Stones, Dopp war damals ein Knirps von neun Jahren.

Eigentlich wollte er nach dem Abitur Anglistik und Politologie studieren, doch er versäumte die Abgabefristen, überbrückte das verlorene Semester als Schallplattenverkäufer in einer Govi-Filiale in Wandsbek, blieb dann dort noch ein Jahr und machte anschließend Schaulandt am Nedderfeld zu einem der besten Schallplattengeschäfte Norddeutschlands. "In diesen Jahren habe ich große Repertoire-Kenntnisse gesammelt. Das hilft mir heute noch." 1984 fing Bernd Dopp als Product Manager bei WEA an, das seinen Deutschlandsitz damals noch an der Arndtstraße hatte. WEA steht für Warner, Elektra und Atlantic, drei US-Labels mit sogenannten Back-Katalogen von Stars wie Neil Young, Led Zeppelin, den Doors, mit denen sich heute noch viel Geld verdienen lässt. "Der Katalog ist mir heilig. Nach dem Mauerfall haben wir mit diesen Klassikern viel Geld verdient, weil plötzlich ein neuer Markt da war mit Millionen von musikhungrigen Menschen."

Dopp ist ein Musikmanager alter Schule, der die Veränderungen in seiner Branche jedoch genau registriert und entsprechend zeitgemäß darauf reagiert hat. Unter ihm hat Warner sein digitales Geschäft enorm ausgebaut, der Anteil beträgt mittlerweile bereits 25 Prozent am Umsatz und liegt damit über Marktniveau. Zuletzt gab es eine monatliche Steigerung um 40 Prozent.

Bernd Dopp hat mit Neuland eine eigene Konzertagentur gegründet, die Tourneen mit eigenen Künstlern, aber auch mit denen anderer Labels veranstaltet. Doch vor allem ist ihm wichtig, nachhaltige Karrieren mit Künstlern aufzubauen. "Wir wollen keine Pseudo-Superstars mit einer Halbwertszeit von drei Minuten, sondern richtige Künstler, die auch in der Lage sind, live zu spielen."

Er sieht sich und sein Team in der Rolle von Kuratoren, die aus dem riesigen Angebot auswählen, um den Richtigen zu finden. "Natürlich liegen wir da manchmal auch falsch. Für unsere Künstler geben wir alles, aber auch wir treffen nicht immer den Geschmack aller Musikfans." Als Kriterien für die Entwicklung einer Künstlerkarriere nennt Dopp Know-how, finanzielle Möglichkeiten, um entsprechende Vorschüsse zu zahlen, Infrastruktur inklusive eines funktionierenden Vertriebs, Geduld und Herzblut. Herausragende Beispiele unter seiner Ägide sind dafür Peter Fox, Seeed und die Beatsteaks, die zu den erfolgreichsten deutschen Bands gehören.

Angesichts seiner aktuellen Erfolge - in dieser Woche belegt Warner zum Beispiel sieben Plätze in den Top Ten der Amazon-Charts - kann Bernd Dopp gelassen über die Branche plaudern. Ein Anflug von Zorn wird jedoch in seiner Stimme spürbar, wenn das Thema auf illegale Downloads und Verletzungen des Urheberrechts kommt. "Jeder Kaugummidiebstahl wird bestraft. Durch diesen Diebstahl im Internet gehen dem Staat Milliarden an Steuereinnahmen verloren, die betroffenen Branchen können nicht in dem Maße investieren, wie es möglich wäre, und neue Arbeitsplätze schaffen." Die Talsohle in der Musikbranche sieht er jedoch als durchschritten an. Auch an das baldige Ende der CD glaubt er nicht. "80 Prozent unseres Umsatzes machen wir mit CDs."

Auf seinem Schreibtisch stapelt sich ein Haufen von CDs. Seeed ist dabei, die neue Neil Young, Plan B, "El Camino" von den Black Keys. "Ich mag R&B, Soul, Jazz, aber seit den 60ern auch kurze, schnelle und harte Songs. Gern auch Punkrock", sagt Bernd Dopp. Das Bild an der Stirnwand seines Büros verdeutlicht dieses Faible: Es zeigt Dee Dee Ramone.