Das Londoner Orchestra of the Age of Enlightenment spielte in der Laeiszhalle unter Dirigent Simon Rattle Werke von Fauré, Ravel und Debussy.

Hamburg. Da behaupte noch einmal jemand, historische Aufführungspraxis sei staubtrocken, langweilig, akademisch. Das Londoner Orchestra of the Age of Enlightenment hat in der Laeiszhalle unter Dirigent Sir Simon Rattle den betörenden Beweis des Gegenteils erbracht. Ihr Programm mit Werken von Fauré, Ravel und Debussy spielten die Musiker mit einem Instrumentarium aus der Zeit vor rund 100 Jahren. Das war gar nicht so anders als heute, sollte man meinen - doch der Klang war von einem Farbenreichtum, einer Wärme und Delikatesse, dass moderne Sinfonieorchester im gedanklichen Vergleich unrettbar grobschlächtig wirkten.

Wichtiger noch als das Material war aber die Spielweise. Wann hört man etwa ein so homogenes Vibrato in den Geigen? So zarte Piani selbst bei den Blechbläsern? Rattle formte den Klang von Faurés Suite "Pelléas et Mélisande" mit wenigen Gesten, er ließ die Musik organisch atmen. Kein Übergang wirkte je pathetisch, nicht einmal in der in Hunderten von Telefonwarteschleifen totgenudelten "Sicilienne". Die zarten Klangfarben waren wie gemacht für Claude Debussys "Prélude à l'après-midi d'un faune". Bei seinen symphonischen Skizzen "La Mer" schwächelte die Intonation in den geteilten Geigen und in den Bläsern gelegentlich, aber die Beteiligten wahrten eine wunderbare Balance zwischen Debussys flirrender Tonsprache und, wo es nötig war, beherzt-konkretem Zugriff.

Herz des Abends war aber das Klavierkonzert für die linke Hand von Maurice Ravel. Pierre-Laurent Aimard am braunen Érard-Flügel von 1921 legte den hochvirtuosen Klavierpart eher als eine weitere Orchesterstimme an. Gemeinsam jazzten sie und feierten den Esprit dieses ungewöhnlichen Werks - bis hin zu den Hörnern, die sich mal kurz in eine ganze Elefantenherde versammelten.

Entdecken Sie Top-Adressen in Ihrer Umgebung: Theater in Hamburg-Neustadt