Maximo Park und Crocodiles: Neue Alben von alten Hasen aus England und Neulingen aus Kalifornien. Maximo Park tritt im Oktober auf.

Höchste Zeit, sich mal Gedanken über die Vokabel "frisch" in der Popmusik und Popkritik zu machen. Sie wird häufig gebraucht und gilt als Gütesiegel. Ganz normal erscheint es dabei besonders denjenigen, die über Popmusik schreiben, Neulinge in den Charts mit einem warmen Willkommen zu begrüßen - und ihnen leichthin eine gewisse Frische zu attestieren. Der kalifornischen Band Crocodiles ist mit "Endless Flowers" gerade ein ordentlich lärmendes und rumpelndes drittes Album gelungen, das die Musiker nun auch hierzulande bekannter machen könnte.

Sonderlich berühmt sind die von den Sixties beseelten Amerikaner, deren Sound bisweilen auch an kräftigen Britrock erinnert, in Europa nämlich noch nicht. Das könnte sich mit den eingängigen Songs von "Endless Flowers" nun ändern - Songs übrigens, die alles, aber nicht lieblich sind. Aufgenommen wurde das Album im Prenzlauer Berg, Berlin. In der Hauptstadt trat vor wenigen Tagen auch die englische Band Maximo Park auf. Nicht in einem Klub oder unter freiem Himmel, nein: in einer Straßenbahn der Berliner Verkehrsbetriebe. Soll ziemlich sensationell gewesen sein, den zackigen Britpop beim Geruckel über Berliner Straßen zu hören.

Der begabte Sänger von Maximo Park - er trägt den sehr britischen Namen Paul Smith und immer einen Hut - kann also auch mobil performen: ein fahrender Musiker, ganz wie früher und superromantisch. Die Berliner Freuden dürften die seit 2003 zusammenspielenden Musiker ein wenig darüber getröstet haben, dass ihr neues und viertes Album "The National Health" etwas undankbar und gelangweilt aufgenommen wird. Womit wir den Bogen zur Nomenklatur bewertender Poptexte schlagen: Maximo Parks einst gefeiertes Sounddesign, das britische Melodienseligkeit mit Punk-Furor vermählt, gilt mittlerweile als fad und einfallslos.

Hamburger CD-Bestseller

Das ist natürlich ziemlich unfair, weil das Faktum der Bekanntheit - seit der Single "Books From Boxes" sind die Briten besonders in Deutschland beliebt - bei manchem zu einem persönlichen Überdruss führt: Frisch und aufregend mag er die Songs nun nicht mehr nennen. Warum eigentlich nicht?

Stücke wie das (wie so oft bei Smith glänzend getextete) "National Health" sind unruhig und flott wie ein Windhund auf der Rennbahn. Und außerdem leicht paranoid: "England is ill and it is not alone/I heard it through the tinny speakers on a cameraphone/The things you hear and the things you see/Are amplified into a ca-ca-cacophony/The lost identity in my dream before/I ride the local train, I'm not above the law."

Stimmt schon: Überraschung und Überwältigung sind bei Maximo Park perdu. Diesen unschuldigen Moment bekommt eine Band jedoch beinahe immer nur dann hin, wenn sie als Newcomer aufs Radar der Musikfans kommt. Alles danach ist, auf gewisse Weise, Wiederholung. So gut wie auf dem Debüt "A Certain Trigger" wird das Quintett aus Newcastle also nie mehr sein. Das heißt nicht, dass neue Songs wie "Until the Earth Will Open" nicht auch betören können. Was bei "The National Health" auffällt, ist eine Form der ideellen Komprimierung. Noch auf dem Vorgängeralbum "Quicken The Heart" wussten die Musiker stellenweise nicht, wohin mit ihren Einfällen, was die Songs oft ächzen ließ, aber immer auch bewundernswert war.

"The National Health" ist ein gutes Album und macht auf der Urlaubs-Playlist viel her. Gleiches gilt für Crocodiles. Deren Rocksongs sind weniger sophisticated als die von Maximo Park, dafür ist das Cover der Crocodiles-CD "Endless Flowers" ästhetisch anspruchsvoller: Hier wandelt ein nackter und blasser Jüngling eine Treppe hinunter - Marcel Duchamp lässt grüßen. Das Cover von "The National Health" dagegen ist lilafarben und hässlich; hätte man sich mehr Mühe geben können. Übrigens wollen Paul Smith und seine Kompagnons durchaus politisch sein. Angenehm ist aber, dass ihre Texte, die ein entgleistes England behandeln (Smith: "Wir wollen dem Kontrollverlust entgegenwirken"), eher im Vagen bleiben. Die Polit-Popper würde man ihnenirgendwie nicht so recht abnehmen.

Maximo Park: "The National Health" (Universal). Konzert am 21.10. in der Großen Freiheit. Crocodiles: "Endless Flowers" (Souterrain Transmissions)