Pop ist alles: die große Wunschmaschine, der Gleichmacher, der Mixer. Die von Fans und Kritikern gleichermaßen geschätzte englische Band Maximo Park gab ein umjubeltes Konzert im Stadtpark, und wie das Spiel der Referenzen funktioniert, zeigte unter anderem der energetische Auftritt des Bewegungskünstlers Paul Smith.

Hamburg. Der Sänger Maximo Parks ist ein Artistiktalent und steht eigentlich nie still. Das ist auch schwer möglich angesichts des rockigen New-Wave-Entwurfs des Quintetts. Wie Smith, der in ein weißes Hemd und schwarze Hosen gewandete Hutträger, seinen Bewegungshunger stillte, erinnerte an einen Fan, der die Performance seiner Helden imitierte. Smiths durchaus geschmeidige Gangart zitierte, wenn nicht alles täuscht, Michael Jackson, und sein abgebrochener Robot-Walk war eine Hommage an die Tanzkünste aller Pennäler mit Imponiergehabe.

Ganz bei sich war der 30-jährige ehemalige Kunstlehrer aber, wenn er bei Songs wie "Graffiti" und "Our Velocity" die großen Rockstargesten ausprobierte. Bei denen kommt ein grundlegender Text der Pop-DNA zum Tragen. Es ist die Sehnsucht des Rock-Frontmanns nach Erlösung, die ihn antreibt. Smith ist in dieser Hinsicht eine fast schon überdeterminierte Figur des Leidensmannes, den nur die Liebe des Publikums heilen kann: Es gibt nicht viele, die mit derart weit aufgerissenen Augen ins Publikum starren. Der wie ein Derwisch über die Bühne tobende Maximo-Park-Sänger schritt wieder und wieder die erste Reihe ab. Kondition hat er, und der ausdrucksstarken Mimik korrespondierte die Geste der Welt- und Publikumsumarmung. Manch einen erinnerte er phänotypisch an die Hauptfigur aus Kubricks "Clockwork Orange", die mit ihrer Gang ihr Unwesen treibt.

Anders als bei den sagenhaft langweiligen Snow Patrol flackerte hinter Maximo Park keine Videoleinwand. Lediglich das Cover des aktuellen Albums "Quicken the Heart" schmückte die Bühne. In Kontrast dazu stehen die mit tausend Ideen vollgepumpten Songs. So viele Eingebungen wie Smith und Kollegen in einem Song verarbeiten, benutzen Bands wie die bereits erwähnten Snow Patrol für ihr gesamtes Oeuvre. Manchmal ist das Verschwendung, viel öfter aber und besonders bei Stücken wie "The Kids are sick again" sind die durchkomponierten Drei-Minüter eine Offenbarung. Wenn Smith selbstironisch mit dem Image des Pädagogen spielt, aus einer Kladde die Songtexte oder deutsche Sätze abliest, dann wird die Bühne zum Schulraum. Lesson 1: Don't go to the Reeperbahn. "Das sagen unsere Eltern, aber wir mögen die Reeperbahn sehr", charmierte Smith das Hamburger Publikum, ehe er den schwer erotisierenden Song "Let's get Clinical" anstimmte.

Die atemlose Rock-Performance stimulierte den Moshpit direkt vor der Bühne und machte ihn zum immer rotierenden Strudel. "Limassol", die Sinus-Hymne mit den wühlenden Gitarren und fiependen Synthesizern, ist stets einer der spektakulärsten Songs der Setlist, neben dem Crowdpleaser "Apply some Pressure", dessen gepeitschte Refrain-Wortfolge fast wie "A Place of Pleasure" klang. Eine passende Fehl-Rezeption. Im Song "Acrobat" barmt Smith: "I am not a Acrobat, I cannot perform these Tricks." Die präzisen Rhythmen umtänzelte der Leichtfüßige am Ende doch majestätisch - mit dem Charme des Laien.