Das englischsprachige Magazin will seine hohe Auflage weiter steigern und buhlt in einer eigenen Hamburg-Kampagne um hier ansässige Kreative.

Hamburg. Die Kampagne, um die es hier geht, hat es in sich. Das hat zum einen damit zu tun, dass sie ausschließlich in Hamburg läuft, dafür aber richtig groß angelegt ist: In der Wandelhalle hängt seit Freitag ein riesengroßes Plakat. Auch am Dammtor, am Jungfernstieg, an den Landungsbrücken und in den S-Bahnen ist die Kampagne präsent. Hostessen verteilen Werbekarten. Auf den Straßen wird ein Bus mit dem Schriftzug des Auftraggebers fahren. Und am Himmel wird ebendieser Schriftzug auf einem Heißluftballon präsent sein. Ungewöhnlich ist diese Kampagne aber vor allem deshalb, weil sie für eine englischsprachige Zeitschrift wirbt, die die meisten Hamburger entweder gar nicht oder nur vom Hörensagen kennen. In Hamburg wird seit Freitag für das englische Nachrichtenmagazin "Economist" geworben.

Will Wilkinson ist als Manager des "Economist" verantwortlich für Deutschland, die Niederlande, Skandinavien und das Baltikum. Er sitzt bei einem Kaffee in der Redaktion des Abendblatts. Und für ihn ist es vollkommen logisch, dass sein Blatt eine Kampagne nur für Hamburg startet. Um das zu verstehen, muss man die Geschichte des "Economists" kennen. "Die Titelgeschichte unserer ersten Ausgabe befasste sich mit Brasilien", sagt er.

Das war 1843. Seine internationale Perspektive hat das Magazin nie aufgegeben. Die globale Wirtschaft steht stets im Fokus seiner Berichterstattung. Als die Globalisierung ein Megatrend wurde, war das für den "Economist" von Vorteil. Da die journalistische Qualität des Blattes als beispielhaft gilt und die englische Sprache eigentlich überall verstanden wird, ist der "Economist" weltweit für die Eliten aus Politik und Wirtschaft Pflichtlektüre. Das hat dazu geführt, dass sich die Auflage des Magazins von vergleichbaren Titeln deutlich abhebt: In den vergangenen 25 Jahren ist sie immer gestiegen, zuletzt auf 1,5 Millionen verkaufte Exemplare. Das ist ein Wert, von dem der "Spiegel" mit 933 000 verkauften Heften nicht mal mehr zu träumen wagt.

In Deutschland liegt die verkaufte Auflage des "Economists" bei 51 000 Exemplaren. Nach Ansicht der Marktforscher lässt sie sich um 30 000 Exemplare steigern. Da kommt Hamburg ins Spiel: Hier hat der "Economist" nur 1600 Abonnenten. Zwar kommen 500 Exemplare hinzu, die jeden Monat im Einzelhandel abgesetzt werden. Dennoch: für eine so große Stadt nicht viel.

Diese vergleichsweise geringe Auflage war es aber nicht allein, die Hamburg für die "Economist"-Kampagne prädestinierte. "Hamburg ist eine sehr kreative Stadt", sagt Wilkinson. "Hier leben viele Künstler. Die Medien sind sehr stark vertreten. Und die Stadt ist international."

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Dass "Economist"-Leser sich für das internationale Geschehen interessieren müssen, versteht sich von selbst. Wilkinson spricht von der "internationalen Erfahrung", die Leser seines Blattes gemacht haben, sei es, dass sie im Ausland studiert oder gearbeitet haben. "Vielleicht hat aber ihre Tante auch nur ein Haus in Neuengland, in dem sie öfter Urlaub machen." Neu ist hingegen, dass der "Economist" nun gezielt Angehörige kreativer Berufe anspricht, also Künstler, Designer, Werber, Journalisten oder Architekten. Will das Blatt weiterhin wachsen, muss es neue Zielgruppen erschließen. Da boten sich die häufig international vernetzten Kreativen an, zumal einige von ihnen schon jetzt intensiv das Online-Angebot des "Economists" nutzen.

Die Hamburg-Kampagne ist ganz auf diese Zielgruppe zugeschnitten. Und die verrät nun auf Plakaten und in Anzeigen jene Orte der Stadt, die sie inspirierend findet. Ein Oliver empfiehlt den Wohlers Park in Altona als "perfekten Platz für neue Gedanken". Und ein Mike, Creative Director, hält die Bar Katze am Schulterblatt für "die richtige Umgebung, um aufzuschreiben, was einem gerade so durch den Kopf" geht. Der Slogan der Kampagne lautet: "The Economist takes you places", was übersetzt heißt, dass einen das Blatt an bestimmte Orte mitnimmt. Gemeint ist, dass es seinen Lesern neue geistige Horizonte eröffnet.

Die Hamburg-Kampagne ist Prototyp für ähnliche Werbefeldzüge in anderen Städten. Noch in diesem Jahr sollen "Economist"-Kampagnen in Stockholm, Berlin und Amsterdam starten. Und was verspricht sich das Blatt von der Hamburg-Kampagne? "Wenn sich unsere Auflage in der Stadt verdoppeln würde, wäre das super", sagt Wilkinson.