Der “Zirkus der Sonne“ gastiert mit “Alegria“ bis Sonntag in Hamburg – mit bombastischem Soundtrack mit Orchester, Akrobaten und Tänzern.

Hamburg. Manchmal hebt er noch selbst ab. Im Herbst 2009 war Guy Laliberté ganz oben. Zehn Tage lang flog der frühere Stelzenkünstler und Feuerschlucker als erster kanadischer Weltraumtourist um die Erde und grüßte von Bord der Internationalen Raumstation ISS mit gelber Clownsnase. Der Gründer des Cirque du Soleil hatte bei der ersten poetisch-sozialen Weltraummission unter dem Motto "Moving Stars and Earth for Water" (Sterne und Erde für das Wasser bewegen) das Ziel, das Bewusstsein der Menschen für die weltweite Problematik der Wasserknappheit und -verschmutzung neu zu wecken. Dazu diente ein zweistündiges Webcast-Special mit Auftritten verschiedener Künstler in 14 Städten auf fünf Kontinenten - inklusive der ISS.

Nichts macht deutlicher, dass Lalibertés 1984 gegründeter "Zirkus der Sonne" inzwischen zur globalen Organisation gewachsen ist.

Von der Straße mehrmals um die ganze Welt - eine erstaunliche Entwicklung, die Laliberté und seine anfangs 20 Straßenkünstlerkollegen in der kanadischen Provinz Quebec eingeleitet, mit- und durchgemacht haben. Tiere sind tabu, Fantasie ist gefragt. Diese Maxime des neuen Zirkus gilt für alle Cirque-du-Soleil-Produktionen. Sage und schreibe 21 laufen anno 2012 weltweit. Allein in Montreal - die Olympia-Stadt von 1976 ist internationaler Hauptsitz des Unternehmens - arbeiten fast 2000 Menschen, mehr als 5000 sind es weltweit, darunter 1300 Artisten aus 50 Ländern.

Aber die Zeiten, da sie ihr Grand Chapiteau (Zirkuszelt) an den einzelnen Tourneestationen aufbauten, sind passé. Gastierten die Künstler für die Produktion "Varekai" noch 2009 mitsamt Zeltstadt in Hamburg-Moorfleet, zogen sie schon 2010 für die monumentale Arena-Produktion "Saltimbanco" in die 02 World. Längst haben der bombastische Soundtrack mit Orchester sowie die Akrobaten und die Tänzer Europas Multifunktionsarenen erobert.

Das gilt auch für "Alegria", das spanische Wort für Glück, Freude, Jubel und Begeisterung. Die Produktion, die bereits 1994 in Montreal Weltpremiere gefeiert hatte, ist längst ein Klassiker des Cirque nouveau. In der Regie des gebürtigen Italieners Franco Dragone zeigt die Show den Wechsel von Machtverhältnissen, von antiken Monarchien bis zu modernen Demokratien, verkörpert von Narren, Minnesängern und Clowns. Und "Alegria" vereint in monumentalen, teils bizarren Traumkulissen akrobatische Meisterdarbietungen. So scheint etwa das Synchro-Trapez-Duo unter dem Hallendach den Gesetzen der Schwerkraft zu widersprechen, bei den "Russian Bars" lassen sich die Akrobaten an Stangen zehn Meter hoch in die Luft schleudern, der Feuer-Messer-Tanz zeigt die Magie der Gefahr und "Power Track" perfekt synchronisierte Trampolinkunst. Spezialeffekte wie Laserlicht und Rauch tragen dazu bei, dass die Artisten manchmal zu Fabelwesen mutieren. In jedem Fall lockt die typische Melange aus Akrobatik, Musik, Tanz und Theater mehr denn je Alt und Jung, Groß und Klein. Mehr als 100 Millionen Zuschauer sind in den vergangenen fast drei Jahrzehnten in den Sog der Traumwelt des Cirque du Soleil geraten. Allein in diesem Jahr rechnen die Macher mit insgesamt etwa 15 Millionen weiteren Besuchern.

Vor allem aber haben Guy Laliberté und sein Kreativteam dazu beigetragen, dass der Zirkus in seiner neuen Form heute eine anerkannte Kunstdisziplin ist, wenn auch im europäischen Ausland noch mehr als in Deutschland. Den Traum des Cirque du Soleil hat Laliberté mal so zusammengefasst: "Eine Gruppe junger Künstler schließt sich zusammen, um das Publikum zu unterhalten, die Welt zu sehen und dabei Spaß zu haben." Und inzwischen auch noch Tausende davon zu ernähren, möchte man hinzufügen.

"Alegria" 30.5.-3.6., Mi-Fr jew. 20.00, Sa 12.00, 16.00 u. 20.00, So 13.00 u. 17.00, O2 World (S Stellingen + Shuttle), Sylvesterallee 10, Karten ab 49,10: T. 01805/57 00 70; www.cirquedusoleil.com