Die Pianistin Khatia Buniatishvili bezwingt bei ihrem Gastspiel im kleinen Saal der Laeiszhalle die Achttausender unter den Klavierstücken.

Hamburg. Als Pianistin, die weitaus mehr Vertrauen in ihre phänomenale Virtuosität setzt als in ihre musikalische Gestaltungskraft, präsentierte sich die 25-jährige Khatia Buniatishvili bei ihrem Gastspiel am Dienstag im Kleinen Saal der Laeiszhalle. Auf dem Programm ihres Konzertes im Rahmen der Reihe "Rising Stars" standen ausschließlich Achttausender der Virtuosenliteratur: Liszts h-Moll-Sonate und der erste Mephisto-Walzer; die Scherzi Nr. 1 bis 3 von Chopin; und jene wahnwitzigen Drei Sätze aus Petruschka, die Igor Strawinsky für Arthur Rubinstein arrangiert hatte. Schwerer geht's nicht.

Geradezu todesmutig und in einem aberwitzigen Tempo stürzte sich die junge Georgierin in dieses Notenmassiv - und ließ dabei kaum Anzeichen von Anstrengung erkennen. Erst bei Strawinskys mehr für vier als für zwei Hände gedachter Tastaturakrobatik riss es selbst sie vom Hocker. Wo es um schiere Überwältigung ging, da war Buniatishvili in ihrem Element, wo es um seelenvolles Schmachten ging, ebenso.

Das weite Feld der feinen Abstufungen zwischen diesen Extremen aber ließ sie nahezu brach liegen. Die h-Moll-Sonate kam so als Wechselbad von Ekstasen und Idyllen daher, bei dem leider auch mancher melodisch-thematischer Zusammenhang im Notengewitter unterging. In Chopins Scherzo Nr. 1 h-Moll, das fiebernde Nervosität und schweifende Fantastik verbindet, fehlte der rote Faden dann fast völlig.

Strawinskys Drei Sätze aus Petruschka sind so etwas wie ein pianistisches Totschlagsargument: Wer die überhaupt spielen kann, verdient alleine deshalb aufrichtige Bewunderung. Und Buniatishvili spielte sie so furios, dass man die Musik darin kaum vermisste. Mindestens bei den Zugaben aber hätte man dann gerne einmal andere Facetten dieser Pianistin kennen gelernt. Dass sie auch Bachs Struktur, Mozarts Schlichtheit oder Schuberts Poesie meistern kann, wäre eine echte Offenbarung gewesen. Doch Buniatishvili übertönte solche Gedanken mit zwei weiteren Kostproben ihrer Primärtugenden: Liszts "Liebestraum" und einem atemberaubend gespielten Toccaten-Satz von Prokofjew.