Die Geschichte von Mathias Rust war die erste Titelgeschichte, die der Reporter Thomas Osterkorn für den "Stern" schrieb. Im Abendblatt-Interview spricht Osterkorn über Rust und die Rolle der Medien in dessen Leben.

Hamburger Abendblatt:

Herr Osterkorn, was hat die Landung auf dem Roten Platz bei den Medien ausgelöst?

Thomas Osterkorn:

Erst am Tag danach wurde bekannt, dass Rust aus Wedel kommt. Das war eine Sensation: Die Weltpresse versammelte sich vor dem Reihenhaus in Wedel.

Der "Stern" hat damals einen Exklusiv-Vertrag mit den Rusts abgeschlossen. Wie haben Sie das gemacht?

Osterkorn:

Ich habe mit den Eltern ganz gute Gespräche führen können. Ich habe zu dem Vater gesagt, dass da sicherlich einige Kosten auf sie zukommen werden: Das Flugzeug ist weg, der Sohn im Knast. Wir haben der Familie einen Exklusiv-Vertrag angeboten für eine damals bescheidene Summe ...

... von 15 000 D-Mark.

Osterkorn:

Für dieses große Ereignis war das nicht zu viel Geld. Ich habe die folgenden Tage dann bei der Familie im Reihenhaus verbracht. Daraus habe ich dann meine erste Titelgeschichte für den "Stern" geschrieben.

Damals gab es sogar Angebote über 100 000 Mark. Und eine Debatte über "Scheckbuch-Journalismus". Als Rust zurückkehrte, galt er plötzlich als Spinner. Welche Rolle spielten die Medien?

Osterkorn:

Er ist in die Mühlen des medialen Wettbewerbs geraten. Als er zurückkehrte, hatte er noch immer einen Exklusivvertrag mit dem "Stern". Nach der Landung sollte er der gesamten Presse kurz Rede und Antwort stehen, da hatten wir nichts dagegen. Stattdessen ging er an den wartenden Journalisten vorbei, weil er Kopfschmerzen hatte und ihm alles zu viel war. Da waren natürlich alle Kollegen stinksauer. Die Messerattacke später, seine peinlich inszenierte Hochzeit mit einer Polin in Reno - das alles hat ihn dann die letzten Sympathien gekostet.

Wie hat er sich verändert?

Osterkorn:

Er ist gereift. Aber er ist eine schwierige Persönlichkeit. Ich glaube, er sucht seinen Weg im Leben noch. Er war immer schon ein Außenseiter.

War seine Moskauer Friedensaktion ernst gemeint?

Osterkorn:

Das Motiv, etwas für den Frieden zu tun, war ehrlich gemeint. Sicherlich naiv. Für mich ist er ein Junge, der aus idealistischen Motiven etwas schier Wahnwitziges getan hat. Der Flug hat ihm nicht viel Glück gebracht.