Quer durch die Generationen, quer durch die Zeiten: Der Jugendklub Backstage zeigt bis zum 25. Mai Theaterprojekte im Schauspielhaus.

Malersaal. Sie erzählen Geschichten von sich und von anderen, von Erinnerungen oder Erwartungen an das Leben, das sie noch vor sich oder größtenteils schon hinter sich haben. Menschen zwischen zwölf und 82 Jahren bieten in den neun ästhetisch und inhaltlich unterschiedlichen Produktionen des 21. Backstage-Festivals Einblicke in ihre "Sicht.Weise.Leben".

Jede Altersgruppe habe ihre Art, das Leben zu sehen, und dabei auch weise zu sein oder weise werden zu können, sagt Michael Müller zum Festival-Motto. "Die Gruppen und Themen haben sich programmatisch ergänzt und zusammengefügt." Der künstlerische Anstifter und Organisator des Festivals sowie Constance Cauers und Angela Peters betreuten übers Jahr die einzelnen Teams und erarbeiteten auch eigene Projekte. Sie führen die Jugendlichen in die Welt der Bühne ein, helfen ihnen, die Sprache des Theaters zu entdecken und zu verstehen. Aber auch die eigene Ausdrucksfähigkeit zu erproben beim Diskutieren und Spielen darüber, was sie bewegt, begeistert oder beunruhigt.

+++ Theater, wie man es selten sieht +++

Georg Büchners Lustspiel "Leonce und Lena", aufgeführt am Eröffnungsabend des Festivals, dient dem Schauspieler Sebastian Moske und dem Filmstudenten Jakob Engel als Vorlage, um mit den Jugendlichen an ihre eigenen Erfahrungen und Wünsche anzuknüpfen. Die Suche nach Identität und selbstbestimmten Wegen, den Mut zum Widerstand gegen Rollenmuster und Tradition erproben auch die 13 jungen Performerinnen in "XX-Box" (15.5., 20 Uhr). Sie inszenieren sich und ihre Körper, spielen mit den Klischees von Weiblichkeit, offenbaren ihre geheimen Lüste und Sehnsüchte.

Von 1945 bis heute spannt sich der zeitliche Bogen in den Stücken. "Ich singe gern. Laut" (19.5., 20 Uhr) erzählt von Werner Paul Blunck. Als Zehnjähriger flüchtete er nach Kriegsende zu Fuß von Konstanz nach Hamburg, zurück nach Hause. Seine Tochter Rica, Choreografin und Musikerin, und Theaterpädagogin Constance Cauers erarbeiteten mit zwölf Jungen das Stück über Trug und Wahrheit des Erinnerns. Sie spielen und tanzen die Montage aus den Erzählungen des 77-Jährigen, der mit seiner Familie auch auftritt.

Berichte von Senioren aus dem Laurens-Janssen-Haus über ihre Erfahrungen und ihre Sicht der 60er-Jahre in Kirchdorf-Süd bilden die Basis für Michael Müllers Projekt "Ein Boy ist eben ein Boy" (18./ 25.5., 18 Uhr). Es gehört zu den Stadtteilprojekten mit Bürgern aus Jenfeld, Osdorf und Neuwiedenthal, gefördert von der Stiftung Nachbarschaftshilfe der Saga, in denen auch Teilnehmer des Jugendklubs mitwirken. Müller erhielt jüngst in Dresden den ersten Preis des Theaters der Jugend beim Kinderstückwettbewerb "Plattform 11+" für "Junge, Junge!". Im Malersaal kommentiert er Zeitzeugenberichte mit literarischen und musikalischen Dokumenten aus den Sixties. "Aber die wunderschönen Geschichten von früher bleiben in Kirchdorf", verspricht er.

Politisches Geschehen der Gegenwart ist ebenfalls Thema. Dem revolutionären Geist vom Tahrir-Platz in Kairo versucht das Projekt " backstage@tahrir.square " (20.5., 20 Uhr) von Antonia Arbodela-Hahnemann und Corinna Popp auf die Spur zu kommen. Die Jugendlichen befragten 13 Zeitzeugen, die den Arabischen Frühling miterlebt haben. Sie erzählen, was sie erlebten, was sie denken und hoffen.

So erweitern alle Backstage-Teilnehmer im Diskurs ihren Horizont und ihr Wissen, finden dabei zu eigenem Ausdruck und differenzierter Meinung.

"Sicht.Weise.Leben - Backstagefestival 2012" Eröffnung Mo 14.5., 18.00, Malersaal im Schauspielhaus (S/U Hauptbahnhof), Kirchenallee 39, Vorstellungen bis 25.5., Restkarten zu 5,- unter T. 24 87 13; www.schauspielhaus.de