Die Förderung ist gebunden an das Reformations-Projekt der nächsten drei Spielzeiten

Hamburg. Eine sehr gute Nachricht für die Hamburger Symphoniker, wenn nicht sogar eine kleine Sensation: Für das laufende Jahr bekommt das Orchester aus Bundesmitteln einen Zuschuss von 539 500 Euro - und das ist nur die erste Rate einer Projektförderung, die in den kommenden Jahren fortgesetzt werden soll. Das Fax mit der Zusage kam im perfekten Moment, gerade rechtzeitig vor Beginn der Pressekonferenz, in der Symphoniker-Intendant Daniel Kühnel das Angebot der kommenden Saison vorstellte. In weiser Voraussicht auf das 500. Reformationsjubiläum im Jahr 2017 - 1517 nagelte Martin Luther seine Thesen an die Wittenberger Schlosskirche - hat Kühnel ein langfristiges Programmkonzept für die nächsten drei Spielzeiten entworfen. Sie thematisieren den geistlichen und gesellschaftlichen Wandel, den Luthers Reformation nach sich zog, und berühren existenzielle Fragen des Menschseins. Für dieses musikalische Reformationsprojekt der Symphoniker hat Staatskulturminister Bernd Neumann nun zunächst die halbe Million lockergemacht; wie hoch der Betrag in den folgenden Jahren sein wird, durfte Kühnel noch nicht verraten.

Die nächste Saison steht unter dem Motto "Transzendenz" und betrachtet die Welt vor der Zeit der Reformation. Zum Auftakt steht Edward Elgars "The Dream of Gerontius" auf dem Programm, ein Oratorium für Chor, Orchester und Solisten, in dem der bekennende Katholik Elgar einen Text des Kardinals John Henry Newman vertont hat. Dessen Gedicht beschreibt den Weg einer Seele nach dem Verlassen des Körpers, vom Todeslager bis zur Reinigung im Fegefeuer. Auch Wagners "Parsifal" ist von christlichen Symbolen und dem Streben nach Erlösung durchdrungen. Die Orchestermusik dieses wagnerschen "Bühnenweihfestspiels" trifft in einem Konzert mit dem Titel "Auferstanden" im März 2013 auf Elgars 2. Sinfonie. Beide Programme tragen die Handschrift von Jeffrey Tate. Der britische Maestro dirigiert sieben der zehn Symphoniekonzerte und wird dem Orchester also erhalten bleiben - auch wenn die Verlängerung seines Vertrags als Chef der Symphoniker noch nicht hundertprozentig in trockenen Tüchern ist, wie Kühnel berichtete.

Neben Tate stehen Dirigenten wie Philippe Jordan, Bernard Labadie und Peter Ruzicka am Pult des Orchesters, das auch wieder eine Reihe von spannenden Solisten zu Gast hat. Als "Artists in Residence" präsentieren die Symphoniker diesmal das Brüderpaar Simon und Markus Stockhausen. Die beiden Söhne des 2007 verstorbenen Neue-Musik-Gurus Karlheinz Stockhausen treten sowohl als Interpreten als auch mit eigenen Kompositionen in Erscheinung. Simons Auftragswerk "Windschatten" ist unter anderem durch Lesestoff aus der Luther-Zeit inspiriert; sein Bruder, der Trompeter Markus, regt das Orchester in dem Stück "Felder" zu Improvisationen an.

Dass Simon Stockhausens "Minimal Nightmare" am 1. September ausgerechnet auf dem Friedhof Ohlsdorf erklingt, hat atmosphärische Gründe und soll sicher kein schlechtes Omen sein. Von Grabesstimmung also keine Spur bei den Symphonikern, auch wenn Kühnel derzeit rund 500 000 Euro für die laufenden Betriebskosten fehlen. Daran ändert auch der Zuschuss vom Staatsminister nichts - der ist ausschließlich ans Programm gebunden.