Vor 30 Jahren begannen Karl Baumgartner und Reinhard Brundig, große Filme nach Deutschland zu bringen. Heute verleihen sie auch die von Fatih Akin.

Sie haben die Kinolandschaft in Deutschland vielfältiger und tiefgründiger gemacht und sind selbst auf dem besten Wege zum Legendenstatus: Karl Baumgartner und Reinhard Brundig, die Gründer von Pandora Film. Als unabhängige Verleiher und Produzenten haben sie dafür gesorgt, dass Filme von Jim Jarmusch, Aki Kaurismäki und Andrei Tarkowski hier ins Kino kamen. Sie verleihen auch die Filme von Fatih Akin. Jetzt feiert ihre Firma ihr 30-jähriges Bestehen.

Die Verbindung von Pandora Film, die Büros in Frankfurt und Köln betreibt, nach Hamburg intensiviert sich aktuell wieder. Im kommenden Jahr entsteht Akins "The Cut", der Abschluss seiner "Liebe, Tod und Teufel"-Trilogie. Baumgartner wird ihn produzieren, denn der Hamburger ist für ihn "einer der zehn Regisseure in Europa, die ich toll finde". Bereits jetzt wird im Studio Rakete an Animationssequenzen zu Ari Folmans Verfilmung von Stanislaw Lems "Der futurologische Kongress" gearbeitet.

Baumgartner und Brundig gründeten 1977 das erste Frankfurter Programmkino namens Harmonie. Das erwies sich als gute Grundlage für ihre spätere Tätigkeit, denn dorthin kamen zahlreiche Schauspieler, Regisseure und Produzenten, um ihre Filme vorzustellen. "Unsere Firmengründung war eher ein Betriebsunfall", erzählt Brundig. Ein Schweizer Produzent fragte an, ob sie bei einem Godard-Film dabei sein wollten. "Das war für uns natürlich Ehrensache, obwohl wir überhaupt keine Ahnung von Produktionsabläufen oder Filmförderung hatten." Sie sammelten bei Freunden in der Werbebranche Geld, da rief der Schweizer wieder an: Das Projekt sei geplatzt, er habe sich mit Godard zerstritten. "Da hatten wir unsere Firma aber schon gegründet." Namensstifter war der Film "Die Büchse der Pandora" von G. W. Pabst.

Nach diesem etwas rumpeligen Start zeigte das Duo bemerkenswerte Fähigkeiten als Trüffelschweine. Sie nahmen Filme von unbekannten Regisseuren in ihr Programm auf, hielten lange an ihnen fest, sahen sie eher als Künstler denn als Handwerker. Brundigs Einschätzung des frühen Kaurismäki klingt wie ein Firmencredo: "Der wird nicht viel bringen, aber er ist ein außergewöhnliches Talent, den sollten wir machen." Und der Erfolg gab ihnen oft recht. 1992 hatten sie ein großes Jahr. Die Goldene Palme in Cannes ging zu gleichen Teilen an Chen Kaiges "Lebe wohl, meine Konkubine" und an Jane Campions "Das Piano". Einen weiteren Preis gewann Jarmusch für "Coffee And Cigarettes". Alles Filme von Brundig und Baumgartner. "Palmdora" frotzelte man über beide anerkennend. Ab Mitte der 90er-Jahre wurde die Luft für sie dünner. Emir Kusturicas "Underground" erwies sich als schwierige Produktion, war langwierig, politisch umstritten und kostete fast doppelt so viel wie geplant, gewann aber die Goldene Palme. 1998 musste Pandora die Filmbibliothek an Kinowelt verkaufen.

Brundig und Baumgartner, den jeder in der Branche nur "Baumi" nennt, sind recht unterschiedlich. Brundig kümmert sich eher um das administrative Geschäft. Baumgartner, ein sinnenfroher Barockmensch aus Südtirol, hält engen Kontakt zu den Künstlern. Eigentlich wollten beide andere Berufe ergreifen. Brundig träumte als 15-Jähriger von einer "Karriere" als Clochard, später studierte er doch noch Deutsch und Politik fürs Lehramt. Baumgartner bekennt: "Ich wollte Schuster werden. Als ich hörte, dass Daniel Day-Lewis sich lange zurückgezogen hatte, um nur für eine Rolle diesen Beruf zu erlernen, war ich furchtbar eifersüchtig."