Herbert Grönemeyer zieht mit seiner Tour “Schiffsverkehr“ zu den Hamburger Fans. Das letzte Mal trat er 2007 in der Hansestadt auf.

Es war ja klar. Herbert Grönemeyer würde mit seinem im März präsentierten Album irgendwo ganz oben stehen. Irgendwo, das ist die Messlatte der Unterhaltungsmusik, die Charts. An die Spitze dieser Institution hat es Grönemeyer mit "Schiffsverkehr" wieder einmal geschafft. Momentan rangiert sein 13. Studiowerk laut mediacontrol auf dem dritten Platz.

Für einen, der knapp 20 Millionen Tonträger und DVDs verkauft hat, 200 Platin- und Gold-Auszeichnungen erhalten hat und den nun wirklich schon fast zehn Millionen Konzertbesucher live gesehen haben, wohl kein Wunder. Und doch. Herbert Grönemeyer ist ein Künstler, ein Pop-Poet, der auch nach all den Jahren vor allem bescheiden auf so viel Erfolg reagiert. Zur Präsentation seines Albums im März lud er nicht nur Journalisten auf ein Spreeschiff in Berlin ein, um schon mal reinzuhören, auch ein paar seiner Fans waren dabei. Später am Abend spielte er dann im Haus der Kulturen ein paar seiner Lieder am Flügel, und das anschließende Interview wurde von den Jugendsendern der ARD live übertragen, mit Fragerunde der Fans. Grönemeyer multimedial, aber volksnah.

Kommenden Mittwoch wird er in der Imtech-Arena, auch Volksparkstadion genannt, auftreten. Es ist die zweite Station seiner Tour, die er am Vorabend in Rostock beginnt. Für Herbert Grönemeyer eine Herzensangelegenheit, denn an Rostock hat er prägende Erinnerungen: Nach der Wende gab er hier 1991 sein erstes "gesamtdeutsches" Konzert. Danach wird er noch in Hannover, Berlin, Gelsenkirchen, Wien und anderen Orten vorstellig werden, bis er die Tour voraussichtlich in Konstanz am 24. Juni beendet.

2007 trat er zuletzt in Hamburg auf, und trotz schlechter Tonqualität, weil dieses Stadion im Volkspark zwar irgendwie Lautstärke vermittelt, aber nicht differenziert den Gesang und die Instrumente überträgt, war es ein schöner Abend. Grönemeyer tanzte, und auf der Albumpräsentation jetzt kündigte er genau das wieder an, "Ich werde so lange tanzen, bis alle erkennen, wie gut das eigentlich ist."

Mit seiner Tanz-Schwäche kokettiert er also, doch wen stört es? Das ist der Grönemeyer-Stil. Gerade diese Unperfektion unterscheidet ihn zum Beispiel von amerikanischen Künstlern wie Usher. Was Usher in den Beinen hat, das hat Grönemeyer im Gemüt. Zumindest schafft er es, immer wieder dieses Bild von sich zu entwerfen. Mehr Mensch als Popstar. Obwohl ihn seine Fans fast wie einen lang erwarteten Heilsbringer verehren. Und doch auch der Mann aus Bochum, der Kumpel, der einen versteht und dessen Texte nah dran sind an den Stimmungen und dem Befinden der deutschen Seele.

"Schiffsverkehr" wurde von Herbert Grönemeyer und seinem Co-Produzenten Alex Silva produziert. Es finden sich dort Lieder, die musikalisch von Elektro-Pop bis zu energiegeladenem Rock gezeichnet sind. Entstanden ist das Album in Etappen im Stockholmer Mono Music Studio, in den Londoner Abbey Road Studios, den Hansa Ton und Hansaplatz Studios in Berlin und schließlich den Electric Lady Studios in New York. Was einmal mehr beweist, dass dieser Künstler, der der deutschen Sprache ohne Umschweife so verbunden ist, inzwischen ein internationaler ist. Im Jahr 2005 nahm das amerikanische "Time"-Magazin Herbert Grönemeyer auf seinen Titel und ehrte ihn für sein soziales und politisches Engagement als "European Hero". Er übernahm in diesem Jahr den Vorsitz der Kampagne "Deine Stimme gegen Armut", dem deutschen Beitrag der weltweiten Kampagne "Global Call To Action Against Poverty". Auch diese Aktion führte ihn 2007 wieder nach Rostock, wo er seine Tour in diesem Jahr beginnt. Damals hatte er mit vielen Top-Künstlern das legendäre Konzert zum G8-Gipfel für "Deine Stimme gegen Armut" aus der Taufe gehoben.

Zuletzt trat Herbert Grönemeyer in der Talksendung "Beckmann" auf. Er sagte: "Ich habe Glück, weil ich Musik mache. Das hilft auch beim Atmen. Viele andere wissen nicht mehr, wie man richtig atmet." Er erzählte in diesem Gespräch auch von seiner an Alzheimer erkrankten Mutter. Grönemeyer ist überzeugt, dass er selbst 96 Jahre alt wird. "Und mit 89 Jahren will ich in Travemünde in der Strandmuschel mein letztes Konzert geben." Bis dahin ist es noch ein bisschen. 55 Jahre alt ist er im April geworden.

Herbert Grönemeyer Mi 1.6., 19.00, Imtech-Arena (S Stellingen + Shuttlebus), Sylvesterallee 7, Restkarten im Vvk. und Ak.; www.groenemeyer.de