In der Galerie der Woche, Anne Moerchen, stellt Tom Fleischhauer seine Bilder aus: Park-Plätze für Menschen unter dem Titel “places to be“

Rotherbaum. Die Sonne scheint, alle sind jung und immer dort, wo auch die anderen sind. Man ist unter sich, und niemand ist allein. Wie schön kann das Leben doch sein.

Der Berliner Künstler Tom Fleischhauer malt solche scheinbar angekommenen Menschen: Passanten, Touristen, Urlauber auf den prominenten Plätzen und Orten dieser Welt. Überwiegend grau in grau, manchmal auch blau in blau oder mit braun-beigem Unterton setzt er Tupfer für Tupfer, als wäre der Impressionismus eine Erfindung der Gegenwart. "Places to be" nennt er seine Bilder, zurzeit ausgestellt in der Galerie Anne Moerchen.

Im vorigen Jahr zeigte Fleischhauer seine Bilder im deutschen Pavillon während der Expo in Shanghai. Für eine Weltausstellung mit ihren Menschenströmen und -ansammlungen ist das vielleicht sogar die passende Kunst. In ihr konnte man sich gleichsam selbst begegnen, als Teil einer Menschenmenge, die sich in den Städten oder künstlichen Urlaubsparadiesen zu Hause weiß. Aber auch als isoliertes Individuum, verloren und zerstreut in der Anonymität der Masse, allein und inmitten vieler. Selbst die Paare in Fleischhauers Gemälden eint weder Blick- noch Kommunikationskontakt. Bestenfalls presst sich das Handy mit festem Handgriff ans Ohr. Oder man joggt zu zweit Seite an Seite entlang eines sonnendurchfluteten Gebüschs - eines der wenigen Porträts in der Schau. Überwiegend aber dominiert anonymes Campus-Gehocke, Schlendern über italienische Piazze oder Baden in den palmenumsäumten Teichen irgendeines touristischen Lockangebots. Lebensfreude sieht anders aus.

Fleischhauers Bilder gleichen Hybriden, Zwittern aus kritischem Fotorealismus und lichtem, impressionistischem Auftrag. Die Tristesse des modernen Freizeitlebens poliert er mit dessen ehemaligem Glanz auf. Mit jener lichten Aura, mit der im 19. Jahrhundert Freizeit und Müßiggang noch als Feierabend von den Nöten und Mühen der Arbeitswelt erfahren wurden.

Bevor er malt, fotografiert der Künstler sein Personal, um es anschließend in pixeligen Punkten oder pastosen Flecken und Strichen auf die Leinwand zu fixieren. Da stehen, sitzen oder verlieren sie sich, immer etwas ungelenk, manchmal auch perspektivisch verzerrt oder in unbeholfener Lage. Brav und stumm warten sie in der Schlange auf der Treppe des Reichstages, gehen die Via Verdi rauf und runter oder hocken träge nahe den Säulen des Theseustempels. Überwiegend sind sie aus dem Tun in ein Verharren gedrängt, von dessen Wert sie offensichtlich selbst am wenigsten überzeugt sind.

In dieser Ambivalenz erweisen sich die "places to be" immer auch als Parkplätze des modernen Individuums. Man stellt sich ab, indem man irgendwo zum Mitläufer wird.

"places to be" Malerei von Tom Fleischhauer, bis 4.6., Di-Fr 13.30-18.30, Sa 12.00-15.00 sowie nach Vereinbarung, Galerie Anne Moerchen (Bus 109), Milchstr. 6a, T. 27 10 28 o. 0172/401 09 06; Infos im Internet: www.galerie-anne-moerchen.de