Gottfried Kiesow engagiert sich mit der Stiftung Denkmalschutz in ganz Deutschland. Im Juni bekommt er den Deutschen Nationalpreis.

Hamburg. "Der Denkmalschutz ist unser Dank an die Vergangenheit und unser Geschenk an die Zukunft", davon ist Gottfried Kiesow fest überzeugt. Deshalb hat er sein Leben dem Bewahren und Retten von Baudenkmälern gewidmet und 1985 die Deutsche Stiftung Denkmalschutz gegründet. Für sein Engagement wurde er bereits mit dem Großen Bundesverdienstkreuz und zahlreichen Ehrungen ausgezeichnet. Im Juni bekommt er den mit 50 000 Euro dotierten Deutschen Nationalpreis 2011. Das gab gestern die Deutsche Nationalstiftung bekannt, die 1993 von Helmut Schmidt gegründet wurde und jährlich Menschen und Institutionen auszeichnet, die sich um das Zusammenwachsen Deutschlands und die Förderung des deutschen Nationalbewusstseins verdient machen.

"Gottfried Kiesow ist es gelungen, die Herzen der Menschen für das Bewahren der deutschen Kulturdenkmäler zu gewinnen", begründete Dirk Reimers, Geschäftsführer der Nationalstiftung und ehemaliger Polizeipräsident Hamburgs, die Entscheidung. Kiesow habe erreicht, dass sich die Deutschen in Ost und West ihrer kulturellen Identität als Bestandteil eines vereinten Europas bewusst seien. Stets sei er mit "sympathischem Eifer" bemüht gewesen, Baudenkmäler vor dem Verfall zu retten - und habe auch private Darlehen aufgenommen, wenn öffentliche Gelder nicht schnell genug flossen.

Rund 3200 Denkmäler hat Gottfried Kiesow mit der Deutschen Stiftung Denkmalschutz bisher unterstützt, 22 sind es in Hamburg. Im Michel förderte sie die Sanierung der beiden Hauptportale, in der Allermöher Dreieinigkeitskirche finanzierte sie Instandsetzungsarbeiten an Kirchenschiff und Glockenturm. Sie unterstützte die Restaurierung der Bergedorfer Mühle und der Sternwarte Bergedorf, half bei der Sanierung des Thalia-Theaters, beteiligte sich am Erhalt des Pförtnerhäuschens im Jenischpark und stellte Gelder für die Renovierungen der Hauptkirchen St. Katharinen, St. Petri und St. Jacobi zur Verfügung. Auch das Spiekerhus im Museumsdorf Volksdorf, die Alte Wache am Millerntor und zahlreiche kleinere Kirchen konnten durch ihre Hilfe dringende Renovierungsmaßnahmen ausführen.

Schon bevor Kiesow die Stiftung 1985 ins Leben rief, hatte sich der studierte Kunstgeschichtler und Theaterwissenschaftler für den Denkmalschutz engagiert: zuerst in Hannover und Braunschweig, nach einem Forschungsstipendium in Florenz ab 1966 als Präsident des Landesamtes für Denkmalpflege in Hessen. Die Stiftung gründete er zunächst mithilfe von Banken und Wirtschaftsmanagern sowie einem Anfangskapital von 500 000 Mark. Dank seiner Initiative wurde aus der "Wirtschaftsstiftung" vor allem nach der deutschen Einheit schnell eine "Bürgerstiftung" - denn Kiesow, sagt Dirk Reimers, habe gerade bei den Bürgern im Westen das Interesse für den Erhalt von Bauwerken im Osten geweckt. Zahlreiche Dorfkirchen und Schlösser, Bürgerhäuser und Stadtmauern, ganze Kulturlandschaften standen dort vor dem Verfall.

"Nach der Grenzöffnung setzte sich die noch junge Stiftung dafür ein, dass den Westdeutschen diese dramatische Lage bewusst wurde", lobt Reimers. Eine gewaltige Spendenwelle rollte an. Schnell wurde die Stiftung zu einer der größten Bürgerinitiativen Deutschlands - mit heute 200 000 Förderern, einem eigenen Kapital von 32 Millionen Euro und zusätzlichem Kapital von etwa 40 Millionen Euro durch treuhänderische Stiftungen. Sie hilft nicht nur, wenn staatliche Mittel zur Bewahrung bedrohter Kulturdenkmäler nicht ausreichen, sondern koordiniert auch den bundesweit erfolgreichen "Tag des offenen Denkmals".

Den Nationalpreis 2011 wird Gottfried Kiesow, der 1931 im heute zu Polen gehörenden Alt Gennin (Neumark) geboren wurde, am 27. Juni in der alten Aula der Universität Heidelberg entgegennehmen. Die Laudatio hält der ehemalige Bundespräsident Richard von Weizsäcker, Gründungsschirmherr der Deutschen Nationalstiftung. Ihr Engagement für Bewahrung der deutschen Kultur hat sie schon früher zusammengebracht: Beide engagieren sich für den Denkmalschutz in Polen. Und so will Kiesow, der heute noch ständig in Sachen Denkmalschutz unterwegs ist, denn auch einen Teil des Preisgeldes für das deutsch-polnische Projekt zur Rettung von Schloss Steinort verwenden. Mit dem Rest unterstützt er die Marktkirche seiner Heimatstadt Wiesbaden und die Arbeit der Ingeborg-und-Gottfried-Kiesow-Stiftung zugunsten des Handwerks und der Jugendbauhütten, in denen sich Jugendliche für Denkmalpflege engagieren.