Die Sternwarte in Bergedorf will öffentlich weden. Führungen, Ausstellungen und ein Café sollen Besucher auf den Gojenberg locken.

Bergedorf. Die Luft ist staubig, sie riecht nach Beton und Schweiß. Braune Plastikfolien vor den Fenstern verfärben das hineinscheinende Tageslicht. Jeder Schritt auf dem Boden des Neubaus hallt noch lange nach. Noch sind die an die Spiegelteleskop-Kuppel angegliederten Räume eine Baustelle, aber ab Ende März sollen sie strahlender Mittelpunkt der Hamburger Sternwarte sein - und für Besucher geöffnet.

Bisher war die parkähnliche Anlage in Bergedorf nämlich nur für Wissenschaftler und Studenten der Universität Hamburg zugänglich. Doch das soll sich am 26. März ändern. Neben festen Öffnungszeiten an den Wochenenden, Führungen und einer kostenlosen Ausstellung soll dann auch das Café "Raum & Zeit" Gäste auf den Gojenberg locken. "Der Name soll ausdrücken, dass man hier bei Kaffee und Kuchen auch jenseits wissenschaftlicher Debatten eine schöne Zeit verbringen kann", sagt Andrea Klermann, 44, von der Agentur Eventnet, die für das Besucherzentrum verantwortlich sein wird.

Andrea Klermann und der Leiter des Bezirksamts Bergedorf, Christoph Krupp (SPD), unterzeichneten gestern in einer der acht zur Sternwarte gehörenden Kuppeln einen entsprechenden Vertrag. "Es heißt immer, wir bräuchten mehr junge Ingenieure und Naturwissenschaftler in Hamburg. Und mit Anlagen wie dieser kann das Interesse des Nachwuchses geweckt werden", sagt Krupp. Deshalb habe sich der Bezirk auch entschieden, 500 000 Euro in die Umbauten zu investieren. "So eine Summe ist für uns sehr viel", so Krupp.

Doch die Investition könnte sich gleich in doppelter Hinsicht lohnen: Nicht nur, weil damit mehr Hamburger und Touristen auf die fast unbekannte Sternwarte aufmerksam werden, sondern auch, weil die Anlage mit den neobarocken Kuppelbauten bald Unesco-Weltkulturerbe werden könnte.

Diese Idee war durch den Vorstandsvorsitzenden der deutschen Stiftung Denkmalschutz, Gottfried Kiesow, entstanden. Er hatte der Sternwarte bei einem Besuch das Zeug zum Kulturerbe attestiert. Denn auf einer entsprechenden Vorschlagsliste fehle noch ein Objekt aus der Wissenschaft. "Und jedes Weltkulturerbe braucht natürlich auch ein Besucherzentrum", sagt Krupp. Auch Kultursenator Reinhard Stuth (CDU) unterstützt das Streben nach einer Anerkennung der Sternwarte durch die Unesco.

Seit 1912 ist die Hamburger Sternwarte in Bergedorf ansässig. Fast ein Jahrhundert. Zuvor war sie zentral am Millerntor gelegen. Der Feinmechaniker Johann Georg Repsold hatte die Sternwarte dort 1825 zunächst als private Einrichtung errichtet. Gut acht Jahre später entschloss sich die Hamburger Bürgerschaft, die Sternwarte zum Staatsinstitut umzuwandeln. Wegen der zunehmenden elektronischen Straßenbeleuchtung und den vom Hafen her wehenden Rauchschwaden musste die Sternwarte jedoch 1912 an einen für astronomische Beobachtungen besser gelegenen Ort umziehen.

Die Messinstrumente der Anlage dienten vor allem zur Zeitmessung und Erstellung von Sternenkarten.

"Eine Sternwarte ist aber nicht nur wissenschaftlich von Bedeutung, sondern auch in wirtschaftlicher und kultureller Hinsicht", sagt Thomas Kraupe, 54, Direktor des Planetariums Hamburg. Gerade für die Entwicklung einer Hafenstadt wie Hamburg sei das in der Astronomie gewonnene Wissen über Sternenbilder, Navigation und Zeit traditionell von großer Bedeutung gewesen. "Aber auch andere Dinge wie Mobilkommunikation, GPS und die Satellitentechnik wären ohne die Erkenntnisse aus der Himmelsbeobachtung überhaupt nicht möglich", sagt Kraupe.

Das Planetarium und die Sternwarte möchten in Zukunft enger zusammen arbeiten. Im Gespräch sind gemeinsame Veranstaltungsreihen und ein regelmäßiger Erfahrungsaustausch. Dabei stehen besonders kombinierte Lernangebote für Kinder im Mittelpunkt. "Wir möchten, dass auch die folgenden Generationen ein Interesse für das Thema Astronomie entwickeln", sagt Kraupe. Außerdem hoffe er bei allen weiteren Entwicklungen auf die Unterstützung des künftigen Senats.

Wolf-Dietrich Kollmann, 66, vom Förderverein Sternwarte Hamburg ist Physiker. Er kennt jeden Winkel der Anlage und so viele wie möglich am Himmel. Ein Wissenschaftler. Trotzdem freut er sich auf die neuen Gäste in seinem Refugium. "Wissenschaft soll sich doch nicht abschotten", sagt er.