Neumann lehnt Werbung bei ARD und ZDF ab und findet es problematisch, dass Sender aus dem Internet “quasi eine dritte Säule“ machen wollen.

Hamburg. Bernd Neumann, Bundesstaatsminister für Kultur, hat ein neues Modell für die Verteilung der Rundfunkgebühren ins Gespräch gebracht. Nach seinen Vorstellungen könne man "die finanzielle Verteilung zwischen ARD und ZDF auch ein wenig nach den Zuschauerzahlen ausrichten, also die Gebühren auch ein Stück kompetitiv machen", sagte Neumann in einem Interview mit dem in Bremen erscheinenden "Weser-Kurier".

Neumann spricht sich in dem Interview, das er gemeinsam mit "Cicero"-Chefredakteur Michael Naumann - einem seiner Amtsvorgänger - gegeben hat, auch für ein Werbeverbot öffentlich-rechtlicher Sender aus: "Ich bin klar dafür, dass auf Sponsoring und Werbung verzichtet wird." Michael Naumann sieht das ebenso: "Die Sender müssen sich entscheiden, ob sie sich über Gebühren finanzieren oder anderweitig. Sonst interveniert irgendwann die EU."

Problematisch findet es der amtierende Kulturstaatsminister, dass ARD und ZDF versuchten, aus dem Internet "quasi eine dritte Säule" zu machen: "Natürlich kann man dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk, der ja eine hohe Informationskompetenz hat, neue Wege wie das Internet nicht völlig verschließen. Aber man kann den Aktionsradius auf das erforderliche Maß beschränken." Allerdings sei die Politik in dieser Frage "befangen". Alle Parteien hätten Mitglieder in den Gremien der Sender: "Wenn es darauf ankommt, ist die Stimmung dort eher für die Anstalten. Dort muss man also wegen dieser starken Lobby wenig befürchten."

Neumann selbst sitzt im Verwaltungsrat des ZDF. Prinzipiell hat er offenbar nichts dagegen, dass die Politik einen starken Einfluss auf die öffentlich-rechtlichen Anstalten ausübt. Es sei "nachvollziehbar", sagt er, dass Politiker in den Sendern "auch bei Personalentscheidungen ihre Mitbestimmungsrechte wahrnehmen. Deshalb war die Debatte um die Vertragsverlängerung des ZDF-Chefredakteurs Brender auch ein wenig scheinheilig." Hier widerspricht Naumann seinem Gesprächspartner: "In dieser Causa hat man öffentlich-rechtliche Rückgratlosigkeit und Mangel an Zivilcourage beobachten können." Neumann soll zu den ZDF-Verwaltungsräten gehören, die erfolgreich eine Vertragsverlängerung Brenders verhinderten.

In einer ersten Stellungnahme sagte der Sprecher des Zentralverbandes der deutschen Werbewirtschaft (ZAW) Volker Nickel, in der aktuellen Diskussion ginge es nicht um "Werbefreiheit der öffentlich-rechtlichen Sender", sondern um ein "Werbeverbot". Medien, die es in Deutschland gebe, müssten auch der Werbung offen stehen. Neumanns Idee, Gebühren nach Quoten zu verteilen, kritisierte der Vorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbandes (DJV) Michael Konken: "Es besteht die Gefahr, dass die Sender nur noch Quotenbringer wie etwa Spielfilme und Sportsendungen ausstrahlen."