Weil die Förderung des Bundes ausläuft, ist die Zukunft des Zentrums für Choreografie auf Kampnagel völlig offen

Hamburg. Die Zeit läuft. Bis zum 31. Mai können sich noch junge Tanzkünstler aus der ganzen Welt für die drei Residenzen im K3-Zentrum für Choreografie bewerben. Die Zeit wird auch knapp für das Tanzhaus unterm Kampnageldach: Der "Tanzplan Deutschland", das Förderprojekt der Bundeskulturstiftung, endet in diesem Jahr - und damit auch die jährliche Subvention von 300 000 Euro für den K3-Betrieb. Mindestens diese Summe müsste die Stadt aufbringen, um die Zukunft des Zentrums zu sichern. Ob das jedoch geschieht, ist ungewiss.

Sicher ist bisher nur: Die diesjährigen Residenz-Choreografen haben ihre Studien begonnen: Margret Bjarnadottir aus Island, Lea Martini (Amsterdam/Berlin) und Sebastian Matthias (Berlin). Eine Jury wählte sie unter 105 Bewerbern aus 35 Ländern für das achtmonatige Förderprogramm aus.

Die seit dem Start kontinuierlich gestiegene Anzahl der Anträge signalisiert das internationale Interesse. Zusätzlich erhielt Paulina Pomana aus Hamburg, Absolventin des Studiengangs Performance Studies der Universität, eine viermonatige Förderresidenz. Werden sie nun die Letzten sein, die im K3-Zentrum die Chance erhalten, unter Obhut internationaler Mentoren zu forschen und ihre Choreografien zu entwickeln?

Kerstin Evert, die künstlerische Leiterin, denkt und plant bereits optimistisch weiter. Sie hat die Studienplätze für 2011 ausgeschrieben, steht auch in der Pflicht bei einem bis 2011 laufenden und mit EU-Geldern geförderten Projekt.

Dennoch muss sie sich fragen: "Wie geht es weiter?" Bis jetzt gibt es keine klare Antwort von der Senatorin für Kultur, Sport und Medien. Karin von Welck weiß sich aber in der Pflicht. Immerhin hat die Stadt für den Bau von Studios und Probebühne 850 000 Euro bereitgestellt. Nun steht die Zukunft des Tanzhauses - eines von vieren in Deutschland - und die von Evert und ihrem Mini-Team geleistete Aufbauarbeit auf dem Spiel.

Von Welck schätzt das K3-Zentrum als wertvolle Bereicherung der Hamburger Szene, das Talente anzieht und bindet. "Wie bei Initiativprojekten üblich, stehen wir nun vor der Aufgabe, das Erreichte über das Auslaufen der Bundesförderung hinaus zu sichern und darauf aufzubauen", sagte sie, hält sich jedoch mit Zusagen zurück. "Ich hoffe, es gelingt auch, unter den schwierigen finanziellen Rahmenbedingungen die Zukunft des Choreografischen Zentrums auf Kampnagel zu sichern."

Andernfalls ginge viel an Synergie-Effekten verloren, erklärt auch Kampnagel-Intendantin Amelie Deuflhard. "Wir haben weder das Potenzial noch die Kompetenz, Weiterbildung oder Forschung zu leisten, regelmäßig ein Kurs-, Trainings- und Workshop-Programm anzubieten", sagt sie. "Unsere Aufgabe ist es, den Spielplan mit fertigen Produktionen zu gestalten." Im K3-Zentrum werde eben qualitativ, nicht quantitativ gearbeitet, was nach außen nicht so sichtbar sei, jedoch nachhaltige Wirkung für Kampnagel und die Stadt habe. "Aus- und Weiterbildung, Forschungs- und Vermittlungsarbeit zielt nicht vordergründig auf Publikum." Dennoch bringt das K3-Zentrum Aufführungen wie die Stücke der Residenz-Choreografen, Auftritte der Hamburger Tanzszene, öffentliche Gesprächsrunden und Vorträge über modernen Tanz.

Bis Februar 2010 bot das K3-Zentrum 620 Veranstaltungen inklusive aller Kurse. Etwa 18 000 Besucher und Teilnehmer kamen. "Besucht jemand unseren Jugendklub oder unsere Kurse an der Volkshochschule, kommt er auch in Tanzvorstellungen", beobachtete Evert. "Nicht nur durch unsere Choreografen, unsere breite Vernetzung in der lokalen wie internationalen Szene ergeben sich Synergie-Effekte.

Auch die Kulturfabrik profitiert. Sie arbeitet mit unseren Choreografen Jenny Beyer, Monica Antezana oder Lucia Glass weiter." Durch die Kooperationen mit Schulen und dem Studiengang Performance Studies an der Universität leistet das K3-Zentrum außerdem eine nachhaltigere Vermittlungsarbeit, als dies spektakuläre, aber kurzfristige Tanz-Events ermöglichen. Und gewinnt dem zeitgenössischen Tanz so ein neugieriges und neues Publikum.