Die “Zeit“-Stiftung vergab Bucerius-Förderpreise für mutigen Journalismus

Hamburg. Der russische Journalist Mikhail Beketov aus Khimki nahe Moskau konnte zur Verleihung der Gerd-Bucerius-Förderpreise Freie Presse Osteuropa nicht anreisen. Durch ein brutales, bisher ungesühnt gebliebenes Attentat im November 2008 verlor der Naturschützer und ehemalige Chefredakteur der unabhängigen "Khimkinskaya Pravda" die Fähigkeit zu sprechen und zu schreiben. "2009 wurden in der russischen Föderation acht Journalisten ermordet, aber nur ein Täter gefasst und angeklagt", sagte Georg Rieber-Mohn von der norwegischen "Institusjonen Fritt Ord", die den Preis mit der "Zeit"-Stiftung vergibt, beim Festakt im Kaisersaal des Rathauses. "Die Auszeichnung von Beketov soll ein Zeichen der Solidarität sein, verknüpft mit der Forderung nach Gerechtigkeit."

Der russische Schriftsteller Viktor Jerofejew sprach in seiner Laudatio von einem heroischen Journalismus, der nicht schweigen kann und will. "Ein solcher Journalismus stellt mit seiner Uneigennützigkeit die Geduld der Staatsmacht auf eine harte Probe. Im Grunde ruft er zur Ablösung des Regimes auf und greift gezielt die wunden Punkte an."

Jerofejew, dessen eindrückliche Rede über "Tod und Geburt des Wortes" leider Pannen der Tonanlage störten, zielte damit auf den verbrecherischen Widerspruch zwischen Wort und Tat - besonders wenn es um die Autorität der obersten Staatsmacht gehe.

Das freie Wort in Osteuropa zu stärken, auch die Zeitungen und furchtlosen Journalisten zu unterstützen sei der Gedanke der Gerd-Bucerius-Förderpreise, sagte Theo Sommer, Vorsitzender der international besetzten Fachjury. Die "Zeit"-Stiftung vergab die mit insgesamt 80 000 Euro dotierten sieben Auszeichnungen zum elften Mal in Kooperation mit der norwegischen Fritt-Ord-Stiftung. Kultur- und Mediensenatorin Karin von Welck würdigte die vorbildliche Zusammenarbeit der Stiftungen über die Grenzen hinweg. Ihnen sei die Pressefreiheit sehr viel wert, was sich auch an der Höhe der bisher vergebenen Preisgelder von insgesamt 1 405 000 Euro erweise.

Neben Beketovs Würdigung mit 10 000 Euro erhielten auch die bedrohten Journalisten Edik Baghdasaryan aus Armenien und Shahvalad Chobanoglu aus Aserbaidschan Preise zu je 10 000 Euro. Ebenso Musal Aliyev vom unabhängigen Aserbaidschan Network TV und das in Tiflis erscheinende Magazin junger Journalisten "Liberali". Je 15 000 Euro erhielten die in Wladiwostok publizierte Zeitung "Arsenjevskije vesti" und das Wochenblatt "Borisowskije nowosti" in Weißrussland.

"Brauchen wir das Opfer von Journalisten, die regelmäßig ums Leben kommen?", fragte Viktor Jerofejew mit bitterer Ironie in der Laudatio. Und wie sagte auch Georg Rieber-Mohn in seiner Rede? Jeder Fall wie der von Mikhail Beketov ist einer zu viel und keines Landes würdig.