Aus psychologischer Sicht sind Selbstgespräche problematisch - es sei denn, man ist ein Brecher von Bassbariton wie Bryn Terfel und bereit für den putzigen Spaß, mit sich selbst und sich selbst das Schlussterzett aus Mozarts "Don Giovanni" zu singen. Terfel gibt da den Titel-Schwerenöter, Leporello und den Komtur gleich mit. Eine Idee, ganz typisch für den Waliser, der sich nie für einen gehobenen Jux zu schade ist.

Mit seinem neuen Album bietet Terfel ein prima Gegengewicht zu den penetrant süßlichen Arien-Bonbonnieren, mit denen aufstrebende Sopranistinnen nach wie vor den Platten-Markt überschwemmen dürfen. "Bad Boys" ist anders, eine Art vertontes Vorstrafenregister der Musiktheater-Geschichte - nichts als Stinker, Kleinkriminelle, Gauner und Schwerenöter wüten hier vor dem Mikro. Denn der Böse ist ja in aller Regel der Bariton.

Auf dem Coverfoto starrt Terfel deswegen auch in die Kamera wie ein entfärbter Hulk. Auf der CD zieht er, süffig und begleitet vom Schwedischen Radiosinfonieorchester, alle Register seines Könnens. Teile des Programms hat er bei seinem Konzert mit Anna Netrebko in Hamburg gesungen, nun also, frisch eingespielt und nicht aus Konserven zusammengerührt, die volle Ladung Fiesheit. Für fast jeden Geschmack ist ein hinterfuchsiger Bariton oder Bass dabei. Jago aus Verdis "Otello", Pizarro aus Beethovens "Fidelio", Mephistopheles aus Gounods "Faust" oder - als Rollendebüt - Kaspar aus Webers "Freischütz" aus der Klassiker-Abteilung. Dazu kommen Sportin' Life aus Gershwins "Porgy and Bess" mit "It ain't necessarily so" und Mackie Messer mit seiner Moritat aus der "Dreigroschenoper", und sogar die Musical-Powerballade "Stars" ("Les Miserables") aus dem Stil-Zwischengeschoss kann gefallen. Schade nur, dass nicht auch noch für Wotan Platz war, denn als Wagner-Sänger ist Terfel eine Klasse für sich.

Der mit Abstand schönste, furchterregendste und herzzerfetzendste Schurkenauftritt: das "Tre sbirri" von Scarpia aus Puccinis "Tosca".

Die braven Tenöre bekommen am Ende vielleicht die Frau und das Klischee-Schulterklopfen - aber, mal ganz ehrlich: Die Sympathie des Publikums gehört insgeheim den Teuflischen.

Bryn Terfel: "Bad Boys" (DG)