“Für Dich immer noch Fanta Sie“, das neue Album der Fantastischen Vier, ist ein ironischer Blick auf die eigene Vergänglichkeit.

Als die Fantastischen Vier 1992 im Videoclip von "Die da?!" wie die hinterletzten Trottel durch die Kulissen hampelten, hätte wohl niemand die Folgen absehen können. Eine Eintagsfliege, so dachten viele, versucht sich ausgerechnet an einer deutschen Interpretation von Hip-Hop. Ohne brennende Mülltonnen, rauchende Colts und "Glaubwürdigkeit der Straße". Fanta statt Gangsta. Aber bekanntlich kam alles ganz anders.

Thomas D, Smudo, Michi Beck und And.Ypsilon schoben nicht nur - bereits seit 1989 - von Stuttgart aus die Welle des deutschen Mittelstands-Rap an, sie gaben ihrem Genre auch immer neue wichtige Impulse. Schon das dritte Album "Die 4. Dimension" verwirrte 1993 die junge "Viva"-Generation mit erstaunlichem Tiefgang und psychedelischen Collagen (und floppte dementsprechend), und wenige Monate später fingen sie mit dem Metal-Crossover-Projekt "Megavier" einen weiteren Zeitgeist ein.

Dann öffneten sie sich völlig dem Pop, wurden "Populär", zum Festivalact, zum nach Grönemeyer zweiten deutschen Gast von "MTV unplugged" (2000). Mit Grönemeyer nahmen sie nicht nur das Lied "Einfach sein" auf, sie haben auch den gleichen Status als Konsenskünstler mit Narrenfreiheit. Gewinnen die vier zusätzliche Einkünfte durch Werbung für Computerspiele, Kleinwagen und Mobilfunk-Konzerne oder schlürfen Schampus in Studenten-Bars, dann dürfen die das.

Als Popband ist man nicht der Glaubwürdigkeit der Straße verpflichtet, sondern der Unterhaltung an Bügelbrett, Bürotisch und Bühnenrand. Und damit gewinnt Vier viel, auch auf dem heute erscheinenden achten Album "Für Dich immer noch Fanta Sie".

Aus vier unterschiedlichen Wohnorten (Eifel, Berlin, Stuttgart und Hamburg) mit jeweils unterschiedlichen Familien und Lebensentwürfen kam das Quartett zusammen und setzte sich gegenseitig unter Druck, um ein erstaunlich wütendes Alterswerk aufzunehmen: "Irgendwann fällt der Vorhang, und wir geben dem Privatleben Vorrang" oder "Was wollen wir noch mehr" sind Textzeilen wohlhabender Ü40-Familienväter, die eine Art finalen Aufstand gegen das eigene, vielleicht ungerechte Gute-Laune-Image proben.

Mit düsterem Ambient-Elektro und Industrial-Geklöppel fallen Tracks wie "Das letzte Mal", oder "Kaputt" aus dem Radiokonsens, es sind Aufständische mit Fackeln und Mistgabeln in musikalischer Form: "Wenn du mich hasst - fick dich! Und wenn du mich liebst - fick mich!" So viel zum Konsens.

Aber auch in leichter bekömmlichen, wunderbar warm und analog arrangierten Stücken wie dem Stadionrocker "Dann mach doch mal", dem Handgeklapper-Heuler "Gebt uns ruhig die Schuld" oder dem romantischen Bass-Pumper "Für immer zusammen" steckt mal offen, mal verdeckt die Botschaft der Vergänglichkeit der Fantastischen Vier. So ist dieses Album mit Sicherheit auch eine ironische Replik auf die letztes Jahr verliehene "1LIVE Krone" für ihr fantastisches Lebenswerk.

"Für Dich immer noch Fanta Sie" klingt jedenfalls bei aller stilistischen Vielseitigkeit zielstrebiger und homogener als der Vorgänger "Fornika" (2007). Es wäre eigentlich nach mehr als 21 Jahren ein fantastisches letztes Album. Es wäre sogar ein noch fantastischeres vorletztes Album. Es ist hervorragend gelungen. Hervorragend? Für Sie immer noch Herr Vorragend!

Die Fantastischen Vier: "Für Dich immer noch Fanta Sie" CD (Sony) im Handel, Internet: www.diefantastischenvier.de