Kaum hatte ich mich bei Facebook angemeldet - mit einem Klick - , rollten Glückwünsche heran, dass ich endlich drin war. Partystimmung. Nach einer Stunde hatte ich 41 "Freunde" und 305 Meldungen, was die so machen. In Lyon Wein öffnen, in Blankenese Küche putzen - wow! Da spielte das Leben! Und wie nett, dass Facebook stets fragte: Was machst du gerade? Ich les Facebook, ich mach doch gar nix. Falsche Antwort. Also malte ich eine Welt aus Wörtern, was ich gar Dolles und Witziges anstellte. Showtime!

Nach zwei Wochen war ich müde vom Jetzt-Rapport. Von Freundesanfragen von Menschen, denen ich nie die Hand gab. Vom "Gefundenwerden" (S. hat mich in der Schule gequält und wollte kaum 20 Jahre später mein FREUND sein?!). Vom Traktieren des Facebook-Robots, die Adressen meiner E-Mail-Fächer herzugeben. Wozu? Damit es gefälschte "Einladungen" zu Dingsbook in meinem Namen senden kann? (Wie es vielen passiert, die ihre Adressbücher abgleichen).

Die digitale Babbelschnur zog sich zu. Ich begann den "Aus"-Knopf zu suchen. Und fand "Konto deaktivieren" - aha! Nix aha. Deaktivieren heißt: Man bleibt trotzdem drin. Eine scheene Karteileich'. Mit allen Kommentaren, die man je abgab im Poser-Posting-Wahn. Sieben Klicks und fünf Wutanfälle später: Konto dauerhaft löschen. JA! "Warum das denn?", fragt Facebook streng und fordert eine Stellungnahme. Bin ich in einer Kommunistischen Republik oder in der Großen Freiheit Web 2.0? Lasst mich raus, wie ich reingekommen bin, mit einem Klick - und Schwamm drüber! Aber die Partei hält das Konto noch 14 Tage. Währenddessen darf der Republikflüchtling in das Fangnetz der sozialen Gemeinschaft zurückkehren.

Hilfe.

Flüchtlinge - ein Land als Firma. Premiere Do 13.5., 19.00, Thalia in der Gaußstraße (MetroBus 2), Gaußstraße 190, diverse weitere Vorstellungen bis 22.6., Karten zu 22,- unter T. 32 81 44 44; www.thalia-theater.de