Der Regisseur hat für das Grips-Theater “Frau Müller muss weg“ inszeniert. Heute ist das Stück bei den Privattheatertagen zu sehen.

Berlin. Sönke Wortmann gehört zu den erfolgreichsten Filmregisseuren Deutschlands. Am Theater macht er sich rar. Leider. Denn seine Inszenierung der Komödie "Frau Müller muss weg", die heute bei den Hamburger Privattheatertagen gastiert (bereits ausverkauft), hat dem Berliner Grips-Theater einen triumphalen Erfolg beschert. Der 52-Jährige, der einst Fußballprofi werden wollte und später zwei wunderbare Filme über Fußball gemacht hat - "Das Wunder von Bern" und "Deutschland. Ein Sommermärchen" -, redet über alles gern. Außer über Fußball.

+++ Kritik: Vergnüglicher "Sommernachtstraum" +++

Hamburger Abendblatt: Wissen Sie, was Sie am Sonnabend um 20.45 Uhr machen?

Sönke Wortmann: Wie, was ich dann mache? (Pause) Ach so, EM. Dann spielt Deutschland gegen Portugal, oder? (Pause) Aber Sie wollen jetzt hoffentlich nicht die ganze Zeit mit mir über Fußball sprechen?

Nein, jetzt sprechen wir erst mal übers Theater. Hat es Sie überrascht, dass Ihre Inszenierung zu den Hamburger Privattheatertagen eingeladen wurde?

Wortmann: Ich war überrascht, weil ich gar nicht wusste, dass es diese Privattheatertage gibt. Ansonsten, angesichts des großen Erfolges, den das Stück hat, hat's mich dann nicht gewundert, dass wir auch dabei sind.

Sie gelten eigentlich als reiner Filmregisseur, Ihre Theaterinszenierungen kann man an einer Hand abzählen. Warum haben Sie dann ausgerechnet dem Berliner Grips-Theater zugesagt?

Wortmann: Ich bin immer schon ein großer Fan des Grips-Theaters gewesen, deshalb hat es mir sehr geschmeichelt, als die mich gefragt haben. Es war einfach zur richtigen Zeit am richtigen Ort das richtige Stück. "Frau Müller muss weg" ist ja auch kein Kindertheater. Es wendet sich an Jugendliche ab 14, die kommen und gucken sich das an. Für die ist es spannend, wie so ein Elternabend abläuft, bei dem sie ja nie dabei sind, und wie ihre Eltern sich da zum Horst machen. Das sehen die gern.

Sie haben ja selbst drei Kinder. Gehen Sie zu Elternabenden oder überlassen Sie das Ihrer Frau?

Wortmann: Ich gehe auch zu Elternabenden, na klar.

Ihre Frau ist Schauspielerin, aber sie soll die Schauspielerei komplett aufgegeben haben, stimmt das?

Wortmann: Ja, das stimmt. Sie wollte Mutter sein und sich ganz um die Kinder kümmern ...

... tatsächlich ...

Wortmann: ... ja, und das völlig freiwillig. Ich hätte nichts dagegen, wenn sie wieder spielen will.

Sie haben 1996 die Welturaufführung der Theaterfassung von Woody Allens "Bullets over Broadway" am Düsseldorfer Schauspielhaus besorgt. Von Allen weiß man, dass er mit seinen Filmen nie zufrieden ist ("Und am Ende ist es dann doch wieder nicht 'Citizen Kane'!") Hadern Sie auch so, oder ist es gar nicht Ihr Ehrgeiz, etwas zu machen, woran man in 100 Jahren noch denken wird?

Wortmann: Im Prinzip sehe ich das sehr ähnlich wie Woody Allen. Nur wird es bei mir so sein - und das hat jetzt nichts mit Qualität zu tun -, dass im Juli 2054 auf irgendeinem Sender garantiert "Das Wunder von Bern" läuft. Und meine Enkel sagen: "Ach guck mal, der Opa!" Also, was Bleibendes ist schon da, aber wenn ich meine eigenen Filme angucke, sehe ich auch immer nur die Fehler.

Ein Kritiker hat mal geschrieben: "Sönke Wortmann dreht keine innovativen Filme, er dreht erfolgreiche Filme." Ist das ein Kompliment?

Wortmann: Definitiv. Wenn mich das denn erreicht. Ich lese nämlich schon seit vielen, vielen Jahren keine Kritiken mehr, und deshalb kommen auch Komplimente nicht bei mir an.

Aber sind wir nicht alle auf Kritik angewiesen?

Wortmann: Natürlich. Film und Theater sind Mannschaftssportarten. Und ich lasse mich auch gerne beraten von Leuten, die kompetent sind, zu denen ich volles Vertrauen habe und von denen ich weiß, dass die mit Kritik nicht sparen würden. Ich habe ja nichts davon, wenn alle nur nicken, wenn ich was sage. Eine Sache wird immer besser, wenn man unterschiedliche Meinungen gelten lässt und dann das Richtige herausfiltert. Gleichzeitig muss ich aber auch meinem Instinkt vertrauen.

Sie leben in Düsseldorf, gehen Sie da ab und zu ins Theater?

Wortmann: Ja, ich bin wieder auf den Geschmack gekommen. Lange Zeit war es ja so, dass die Leute auf der Bühne meistens nackt waren, jedenfalls wenn ich im Theater war. Im Düsseldorfer Schauspielhaus habe ich jetzt ein paar gute Sachen gesehen.

Heißt das, Sie arbeiten vielleicht demnächst wieder fürs Theater?

Wortmann: Wenn mir das richtige Stück am richtigen Ort zum richtigen Zeitpunkt angeboten wird, dann gern. Aber Zeit ist natürlich ein Faktor, und in erster Linie bin ich nun mal Filmregisseur.

Sie sind Regisseur, haben Ihre eigene Produktionsfirma, dazu kommt die Familie mit den drei Kindern - bleibt da noch Zeit für andere Dinge?

Wortmann: Ich hab kein Hobby wie Angeln oder so, wenn Sie das meinen.

Aber Sie spielen noch in der AutorenNationalmannschaft, oder?

Wortmann: Nee, das ist vorbei.

Hat man Sie ausgemustert?

Wortmann: Nein, ich hab meinen Rücktritt erklärt. In meinem Alter kann ich der Mannschaft nicht mehr helfen.

Waren Sie Stürmer?

Wortmann: Nein, Mittelfeldspieler. (Pause) Nee, ich seh schon, jetzt geht's wieder mit dem Fußball-Thema los ...