Die tschechische Mezzosopranistin Magdalena Kozena ist ein eigenwilliger Star. Heute singt die 39-Jährige Raritäten in der Laeiszhalle.

Hamburg. Es hat Zeiten gegeben, da wurde Magdalena Kozena verdächtigt, sie habe ihre Weltkarriere in erster Linie ihrem modeltauglichen Äußeren zu verdanken. Darüber ist die große blonde Tschechin mittlerweile erhaben, hat sich doch ihr Gesicht mit den Jahren und zwei Kindern von filmstarniedlich zu feinherb gewandelt.

Ohnehin hatte das Singen der heute 39-Jährigen immer schon eine einzigartige, ganz dem Moment hingegebene Intensität. Kozenas Stimme ist alles andere als ein Autopilot - nicht alle Wechsel zwischen den Stimmlagen überzeugen, und wenn sie "H" oder "E" ausspricht, klingt mitunter ein tschechischer Akzent durch. Doch die Innigkeit, die sie noch in die kleinste Silbe legt, gibt ihrem Gesang etwas anrührend Persönliches. Nicht umsonst schwärmt der Stimmenpapst Jürgen Kesting von ihrer "vokalen Fantasie und expressiven Farbenpalette".

Es ist etwas Geheimnisvolles um den Mezzo. Sopranistinnen bedienen das Glamourbedürfnis des Publikums oft mit schwindelerregenden Koloraturen und stratosphärischen Höhen. Dagegen ist die Faszination des benachbarten Mezzosoprans nicht so eindeutig zu fassen. Fast scheint es, als wäre jede Sängerin dieses Stimmfachs ein Unikat: Ob das Flirren und Gurren einer Cecilia Bartoli oder das kräftige Strahlen einer Elina Garanca, der Mezzohimmel hat Platz für sie alle - und natürlich auch für die in der Stimmfärbung fast sopranhelle Magdalena Kozena.

Wer Kozena noch nicht erlebt hat, kann das heute Abend im Kleinen Saal der Laeiszhalle nachholen. Da gibt sie mit dem Pianisten Malcolm Martineau einen Liederabend. Das Programm ist handverlesen und zeugt von künstlerischem Eigenwillen. Von wegen Schubert und Schumann - vielmehr schöpfen die beiden aus dem riesigen Repertoire an viel zu selten aufgeführten Liedern: Ravels "Vocalise-étude" und Debussys "Ariettes oubliées" haben sie ausgesucht, es folgen der Engländer Benjamin Britten und der 1961 geborene Australier Brett Dean, dessen Oper Bliss vergangene Saison in Hamburg zu hören war, und von dort schlagen Kozena und Martineau den Bogen zurück nach Frankreich mit Werken von Fauré und Messiaen.

"Ich finde, meine Stimme passt gut zu französischer Musik", sagt Kozena mit ihrer dunklen, leicht aufgerauten Sprechstimme. "Ich könnte den Rest meines Lebens französische Lieder singen, ohne mich zu langweilen!"

Einen Tag später nur, morgen Abend, dirigiert Kozenas Mann Simon Rattle, im Hauptberuf Chefdirigent der Berliner Philharmoniker, das Orchestra of the Age of Enlightenment im Großen Saal. Als Familienausflug sei es aber nicht geplant gewesen, sagt Kozena: "Das war reiner Zufall! Er ist leider noch nicht da, wenn ich singe. Aber ich höre bei seinem Konzert zu, und wir haben den Sonnabend zusammen." Es ist der einzige Tag weit und breit, den die Familie zusammen verbringt. Musiker sind nun einmal Fahrensleute.

Liederabend Magdalena Kozena, Malcolm Martineau heute 20.00, Laeiszhalle (U Gänsemarkt), Johannes-Brahms-Platz, Karten zu 25,- bis 41,- unter T. 35 76 66 66; www.elbphilharmonie.de