In der Erstaufnahme Schmiedekoppel bietet eine Baumhausinsel Jungen und Mädchen einen Rückzugsort. Unterstützt vom Abendblatt-Verein

Sie wirkt wie eine kleine grüne Oase neben den nüchternen Wohncontainern: die Baumhausinsel. Dieses Areal für Kinder liegt in der Erstaufnahmestelle für Flüchtlinge an der Schmiedekoppel in Niendorf. In einem umzäunten Bereich unter Bäumen finden die Jüngsten bis zehn Jahre dort einen geschützten Rückzugsort. Sie können es sich auf einer Holzfläche unter einer Kuppel aus Weidenzweigen gemütlich machen. Oder über einen kleinen Barfußpfad laufen und verschiedene Materialien wie Steine, Sand oder Holz unter den Fußsohlen spüren. Sie können sich auch in einem der vier Hängekörbe niederlassen und sanft hin- und herschwingen, miteinander spielen, malen oder Blumen pflanzen.

In der Erstaufnahme, die von der ASB-Flüchtlingshilfe betreut wird, leben derzeit rund 950 Menschen, davon sind die Hälfte Familien. „Etwa 250 Kinder unter 16 Jahren gehören zurzeit dazu. Sie leiden besonders unter der Enge des Wohnraums“, sagt die Einrichtungsleiterin Inga Schulze. Zwar lebten die meisten Familien inzwischen in kleinen Holzhäusern zusammen und nicht mehr in den Mehrbettzimmern der Container, doch den Kindern fehlten Ausweichflächen. „Viele Kinder sind aufgrund ihrer Fluchterfahrungen traumatisiert oder leben mit traumatisierten Erwachsenen zusammen“, sagt Inga Schulze. Sie haben keinen Platz, um den Sorgen und Konflikten auszuweichen. Hinzu kommt, dass Kinder im Grundschulalter den ganzen Tag auf dem Gelände verbringen, denn der Schulunterricht findet dort auch statt.

Weil Kinder einen Raum brauchen, in dem sie sich auch einmal unbeobachtet bewegen können, feilten Inga Schulze und ihre Kolleginnen Kathrin Busch, Leiterin des Sozialmanagements, und die Gewaltschutzbeauftragte Nicole Kühn an einer Lösung. „Gemeinsam mit der Firma Frix 3D, die eigentlich Filmkulissen baut und sich hier engagieren wollte, haben wir das Konzept überlegt“, so Schulze. Die Kinder sollten sich gut aufgehoben, aber nicht eingesperrt fühlen. Die Planer dachten zuerst an Höhlen oder Baumhäuser, aber praktikabel war dann letztendlich das inselartige Konzept mit Elementen zur Förderung der Motorik und Kreativität. „Dass wir die Idee umsetzen konnten, haben wir ausschließlich Spenden zu verdanken. Darüber sind wir sehr glücklich“, sagt Inga Schulze. Auch der Abendblatt-Verein „Kinder helfen Kindern“ hat sich daran finanziell beteiligt. Im September 2017 konnte die Baumhausinsel gebaut und eröffnet werden.

„Sie wurde von Anfang an gut angenommen“, sagt Schulze. Nicht nur von den Grundschulkindern, die sie während ihrer Unterrichtspausen nutzen, sondern auch von anderen, etwa Kindern, die Traumen verarbeiten müssen. „Erwachsene wie auch Kinder, die traumatisiert sind, haben keinen Bezug mehr zu ihrem Körper und ihren Sinnen. In einer Therapie lernen sie unter anderem ihre Empfindungen wieder wahrzunehmen. Für diese Kinder ist die Baumhausinsel dafür ideal. Die runden Elemente wie die Weidenkuppel oder die Hängekörbe vermitteln ihnen ein Gefühl von Geborgenheit, die Bewegung positive Körpererfahrungen“, sagt Christiane Hoffmann, die als Traumatherapeutin in der Einrichtung arbeitet.

Wenn die Erstaufnahme eines Tages schließt, kann die Baumhausinsel zurückgebaut werden, „sodass sie von einer anderen Einrichtung verwendet werden kann“, sagt Inga Schulze.